Wien – Man kämpft nicht nur für die eigene Sache, es geht um eine grundlegende Diskussion. Das machten Alisa Beck, Mimie Maggale und Gregor Pirgie vom Kulturverein mo.ë klar, als sie am Montag unter dem (optimistischen) Motto "mo.ë bleibt" zur Pressekonferenz in die Thelemangasse 4 im 17. Wiener Gemeindebezirk luden.

Ende Dezember hätte man aus dem 2010 bezogenen "Versuchsfeld" ausziehen müssen. Die Eigentümerin, die Immobilienfirma Vestwerk, will den noch mit einem Voreigentümer abgeschlossenen und auf fünf Jahre befristeten Mietvertrag nämlich nicht verlängern. Stattdessen sollen auf dem Areal Luxuslofts errichtet werden (DER STANDARD berichtete am 23. 12.).

Wäre die Entmietung an sich nicht schon schwer genug zu schlucken, stößt den Vereinsmitgliedern letztgenannter Umstand der ökonomischen "Aufwertung" besonders sauer auf. Fortschritte der Verhandlungen mit Vestwerk gab es beim Pressetermin zwar nicht zu vermelden, dafür erhielt mo.ë Verstärkung in seinen Bedenken.

Ausverkauf der lebenswerten Stadt

Etwa von Elke Rauth, Obfrau von dérive – Verein zur Stadtforschung. Sie warnte in Anbetracht des Ausverkaufs solcher Objekte in gut erschlossenen, mittlerweile bei Investoren sehr gefragten Lagen am Rand der zentralen Bezirke vor einem "Ende der lebenswerten Stadt". Deren Wert rühre von ihren "Grätzeln" her, diese gingen aber ohne Initiativen wie jene von mo.ë verloren.

Mit auf dem Podium saß am Montag auch Willi Hejda von der IG Kultur. Er sprach von einem "Angriff auf die freie Szene" und forderte von der Stadt Wien generell genauere Prüfungen von Projekten vor der Vergabe von Baugenehmigungen zum Schutz vor Spekulationen. Es müsse auch weiterhin Platz für "Begegnungsräume ohne Konsumationszwang" geben. Eine konkrete Rettungsmöglichkeit sieht er in einem Erwerb des Hauses durch die Gemeinde.

Historisch bedeutsame Adresse

Klaus Molisch, anwesender Geschäftsführer von Vestwerk, das in Wien zurzeit acht Projekte in Planung hat, beteuerte einmal mehr, mo.ë habe alle in den letzten Jahren angebotenen Ersatzobjekte abgelehnt. Dem Vorwurf konterte man u. a. mit der Größe der hier vorhandenen Halle, die Platz auch für größere Kunstwerke und Veranstaltungen biete.

Aber auch damit, dass es sich bei der Adresse um eine historisch bedeutsame handle: Hier war einst die k.u.k. Orden- und Medaillenfabrik der Familie Mandelbaum untergebracht. Als deren Mitglieder nach Hitlers Machtergreifung emigrieren mussten, ging deren Vermögen durch Zwangsauflagen ins Eigentum der Nationalsozialisten über. Fortan wurden an diesem Ort Abzeichen für die Wehrmacht hergestellt.

"Zeithistorie, raumpolitische Fragen und Kulturpolitik" griffen hier deshalb ineinander, so Alisa Beck, Obfrau von mo.ë. Der Verein will die Gültigkeit der Nichtverlängerung des Mietvertrags prüfen. (wurm, 11.1.2016)