Christian Aulinger, Präsident der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurskonsulenten.

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Wien – Aus Sicht der Wohnbaufinanzierung ist es gleich, ob eine Wohnung in Miete oder Eigentum angeboten wird. Für die Bewohner macht es einen riesigen Unterschied. Christian Aulinger, Präsident der Bundeskammer der Architekten, nutzte seinen Auftritt dafür, gegen den Zeitgeist für mehr Mieten zu argumentieren. "Ein breiterer Mietsektor ist besser für die Leistungsfähigkeit der Gesellschaft", sagte Aulinger. "Und es ist gerechter obendrein."

Bei Eigentum würden sich Haushalte verschulden und hätten dann weniger Geld für den Konsum. Außerdem sei man an Wohnungen gebunden, die später im Leben nicht mehr passen würden. "Man kauft für den Maximalbedarf, und den braucht man höchstens zehn bis 15 Jahre. Danach ist man überversorgt." Die hohe Eigentumsrate stünde der Flexibilität bei der Jobsuche im Wege und sei bei einer Scheidungsrate von 50 Prozent ein Problem mit Sprengkraft.

"Bild des Mieters heben"

Das Verhältnis Eigentum/Miete beträgt in Österreich 55 zu 45, in Deutschland sei es umgekehrt. Wenn jedes Jahr zwei Drittel des Wohnbaus in den Mietsektor gingen, könnte man in 30 Jahren das bessere deutsche Verhältnis erreichen. Weniger Einfamilienbauten seien auch aus raumplanerischer Sicht wünschenswert.

Wie kann man dem Trend zum Eigentum entgegenwirken? Aulinger: "Wir müssen das Bild des Mieters heben. Der Eigentümer mag stolz und glücklich sein, aber nur bis zur Scheidung." (ef, 21.10.2015)