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Die Politik der Eurozone, die von Wolfgang Schäuble und Angela Merkel dominiert wird, ist dafür mitverantwortlich, dass Griechenland vor einem Austritt aus der Währungsunion steht.

Foto: ap/sohn

Es steht Spitz auf Knopf. Am Sonntag steuert Griechenland auf eine diesmal ernstzunehmende Deadline zu. Dann heißt es: Sparen oder Drachme. Ohne Programm muss die griechische Notenbank wohl ihre eigenen Banknoten drucken. Während das Land nun alles dafür tun sollte, im Euro zu bleiben, steht eines fest: Es wäre nie so weit gekommen, hielte die Eurozone – und damit allen voran Deutschland – nicht an ihrer gescheiterten Politik der vergangenen Jahre fest.

Bislang hatte kein hochrangiger Europolitiker die Größe, einen Fehler im Umgang mit Griechenland einzugestehen. Die griechische Wirtschaft ist so stark eingebrochen, wie das sonst nur in Kriegszeiten passiert. Die europäische Wirtschaftspolitik hat bitter versagt. Hätte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel das in der Vergangenheit in nur einem Nebensatz erwähnt, Tsipras fiele es um Welten leichter, einzulenken und einen möglichen Kompromiss zu Hause zu verkaufen. Aber genau das Gegenteil ist der Fall: Die Griechen müssen sich seit dem Vorjahr anhören, das zarte Pflänzchen an Wirtschaftswachstum sei der Beweis für den Erfolg des Programms. Als würde nicht jede Wirtschaft irgendwann wieder einmal wachsen, wenn die Produktion vorher so stark eingebrochen ist.

Selbst IWF sieht Schuldenproblem

Genauso verhält es sich mit dem schweren Schuldenrucksack des Landes: Mit dem könne das Land leben, Griechenland müsste in den nächsten fünf Jahren immerhin keinen Cent zurückzahlen, heißt es von den Europäern. Dass die Schulden nicht nachhaltig sind, hat erst unlängst der IWF in einem Bericht festgestellt. Der war noch dazu geschönt, weil der Fonds mit unrealistischen Prognosen für die nächsten 20 Jahre kalkulierte. Statt das Land weiter auszupressen, braucht es für einen Neuanfang Griechenlands einen Schuldenschnitt.

Aber Tsipras scheint selbst auf diese Option zu verzichten. Er fordert nur mehr ein Zugeständnis dafür, dass künftig über niedrigere Zinsen und längere Laufzeiten gesprochen wird. Auch ansonsten ist er weitgehend eingeknickt. Nun scheint es, als wolle er die alten Forderungen der Geldgeber, die am Sonntag mit einer großen Mehrheit abgelehnt wurden, mit kleinen Korrekturen akzeptieren. Man darf das in der Debatte über die Verhandlungen nicht vergessen: Dieser Mann ist mit dem Versprechen Premier geworden, den Sparwahn zu beenden und die Troika aus dem Land zu vertreiben. Jetzt verhandelt er über ein mehrjähriges Troika-Programm, das scharfe Einsparungen vorsieht.

Fragwürdiges Referendum

Die von Syriza dominierte griechische Regierung hat viele Fehler gemacht. Mit dem Referendum hat sie zu lange gewartet, es war demokratiepolitisch fragwürdig, weil viel zu kurzfristig und mit schwer verständlicher Fragestellung, und eine verschenkte Chance. Man hätte stattdessen fragen sollen: Wollen Sie weiter sparen oder aus dem Euro raus? Dass die Banken jetzt geschlossen sind, ist Tsipras' Schuld, nicht die der EZB. Im Lichte eines möglichen Austritts Griechenlands aus der Eurozone darf man aber eines nicht vergessen: Angela Merkel und ihr Finanzminister Wolfgang Schäuble sind mit der von ihnen dominierten Europolitik mitschuldig, dass es überhaupt so weit gekommen ist. (Andreas Sator, 8.7.2015)