Bild nicht mehr verfügbar.

Sturmgewehre, Maschinengewehre und Pistolen will die deutsche Regierung an die kurdischen Kämpfer im Irak liefern, ebenso Panzerabwehrraketen, Panzerfäuste und Handgranaten.

Foto: AP Photo/Manu Brabo

Zehn Tage lang haben deutsche Militärexperten und Regierungsmitglieder im Fundus der Bundeswehr gestöbert, beraten und überlegt, wie man die Kurden im Irak am besten für ihren Kampf gegen die Terrorgruppe "Islamischer Staat" ausrüsten könnte.

Herausgekommen ist eine lange Liste von Waffen - viel länger, als erwartet worden war. Die Peschmerga-Armee von Kurden-Präsident Massud Barzani bekommt 8000 Sturmgewehre G3, 8000 Sturmgewehre G36, 40 Maschinengewehre MG3, 8000 Pistolen P1, 30 "Milan"-Panzerabwehrwaffen mit 500 Raketen, 200 Panzerfäuste (Typ "3"), 40 schwere Panzerfäuste, 10.000 Handgranaten und 100 Signalpistolen.

Das Paket hat einen Wert von 70 Millionen Euro. Nach Erteilung aller Genehmigungen können die Waffen mit einer Transall nach Bagdad geflogen werden.Von dort aus sollen sie nach Erbil gebracht werden. In der Bundeswehr heißt es, dass alle Waffen mit einer Ausnahme von den Soldaten vor Ort bedient werden können. Den Gebrauch der Milan-Panzerabwehrraketen wird eine Gruppe von Kurden zunächst im Bundeswehr-Standort Hamburg trainieren.

Regierungserklärung von Merkel

Beschlossen haben die Lieferungen die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), Innenminister Thomas de Maizière (CDU) sowie Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Eine Zustimmung des Bundestags ist formal nicht nötig, da keine Soldaten ins Ausland gesandt werden, sondern "nur" Waffen.

Am Montag informierte Merkel jedoch den Bundestag und gab eine Regierungserklärung ab. "Das immense Leid vieler Menschen schreit zum Himmel, und unsere eigenen Sicherheitsinteressen sind bedroht", erklärte sie, räumte aber auch ein, dass sich die Bundesregierung sehr wohl der Risiken bewusst sei.

"Massenmorde verhindern"

Dennoch habe man sich für die Waffenlieferungen entschieden. Denn: "Wir haben jetzt die Chance, Menschenleben zu retten und weitere Massenmorde zu verhindern." Und sie betonte auch: "Das, was ist, wiegt schwerer als das, was sein könnte. Wir standen vor der Wahl, kein Risiko einzugehen, nicht zu liefern und letztlich die Ausbreitung des Terrors hinzunehmen, oder diejenigen zu unterstützen, die verzweifelt, aber mutig, mit knappsten Ressourcen gegen den grausamen Isis-Terror kämpfen."

Kritik am Vorgehen der Regierung kommt von den beiden Oppositionsparteien. Linken-Fraktionschef Gregor Gysi fordert die Regierung auf, statt Waffen an die Kurden zu liefern, sich beim UN-Sicherheitsrat für ein Mandat zur Errichtung einer Schutzzone für die Flüchtlinge einzusetzen.

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter wirft Merkel "Missachtung von Bürgern und Volksvertretern" vor, weil der Bundestag nicht abstimme. Es gab nach der Debatte nur einen Entschließungsantrag, mit dem die Abgeordneten von CDU/CSU und SPD der Regierung den Rücken stärkten. Grüne und Linke votierten dagegen. (Birgit Baumann, DER STANDARD, 2.9.2014)