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Wie viel kostet die Hypo die Steuerzahler noch? Bis 2017 muss die Republik Hypo-Anleihen im Wert von mehr als elf Milliarden Euro zurückzahlen. 

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Wien - Kann eine Debatte über die Definition von Ausfallsbürgschaften und über eine EU-Richtlinie, von der mit Ausnahme von zwei, drei Juristen wohl noch nie jemand etwas gehört hat, spannend sein? Ja, sie kann.

Den Beweis dafür lieferten am Dienstag die Mitglieder des Finanzausschusses im Nationalrat und vier von den Abgeordneten geladene Experten. Brisantes Thema des Expertenhearings, bei dem nach einem einstimmigen Beschluss die Öffentlichkeit zugelassen wurde, waren die vier von der Regierung im Nationalrat eingebrachten Gesetze, mit denen die Hypo-Abwicklung auf Schiene gebracht werden soll.

Wie groß die Unsicherheiten sind, verdeutlichte schon der Tenor der meisten Fragen an die Experten: Ist das denn alles rechtlich gedeckt, was die Regierung da vorhat? Antworten hierzu gab der auf Insolvenzrecht spezialisierte Anwalt Markus Fellner, einer der Autoren der Hypo-Gesetze.

Die Strategie des Finanzministeriums

Fellner gab vor allem Einblicke in die Strategie des Finanzministeriums. Wie berichtet will das Ministerium die Forderungen nachrangiger Anleihengläubiger gegen die Hypo in Höhe von 890 Millionen Euro streichen. Das Problem: Diese Forderungen sind mit Haftungen Kärntens ausgestattet. Um die nachrangigen Gläubiger dennoch zu erwischen und nicht rechtliches Neuland zu betreten, bedient sich die Regierung eines Tricks. Im geplanten Hypo-Gesetz wird auf eine EU-Richtlinie über die Sanierung und Liquidation von Finanzinstituten verwiesen. Die Richtlinie aus 2001 tut aus Sicht des Finanzministeriums zwei wichtige Dinge: Sie erklärt österreichisches Recht für überall in Europa anwendbar - damit wäre man gegen Klagen von Investoren im Ausland (Deutschland) besser geschützt.

Zweitens zählt die Richtlinie all jene Sicherheiten auf, die im Falle der Abwicklung einer Bank nicht in den Schuldenschnitt einbezogen werden dürfen. Da dort staatliche Haftungen nicht erwähnt werden, könnte man folgern, dass der europäische Gesetzgeber 2001 davon ausging, dass die Garantien bei einer Liquidation erlöschen können.

Allerdings ist das eine Interpretationsfrage, und Fellner gab zu, dass es offen ist, ob die Argumentation vor dem Verfassungsgerichtshof und dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) standhalten werden.

Angesichts der vielen Unsicherheiten drängten die Grünen im Ausschuss auf die Klärung einer ganz anderen Frage: Wenn die Republik sich schon Ärger und Klagen der Investoren aussetzt, warum versucht sie dann nicht in einem klassischen Insolvenzverfahren mehr als die 890 Millionen Euro rauszuholen? Eine Darstellung, der auch der geladene Jurist Fritz Kleiner einiges abgewinnen konnte. "Wenn man schon einen Krieg führt, dann mit den richtigen Waffen", sagte Kleiner.

Die Sicht des Notenbankers

Der Darstellung widersprach Notenbankchef Ewald Nowotny. Bereits der geplante kleine Schuldenschnitt habe heftige Marktreaktionen ausgelöst. Eine Hypo-Insolvenz mit zeitgleicher Streichung der Staatshaftungen hätte Österreichs Rating geschadet.

Kritik an der Vorgehensweise bei der Hypo kommt indes von der Rechtsanwaltskammer: Deren Präsident, Rupert Wolff, sieht im Sondergesetz einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz und das Recht auf Eigentum, wie es in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankert ist. Die von der Regierung herangezogene EU-Richtlinie sei nicht anwendbar, vielmehr gehe man nach dem altbekannten Muster vor: Für schwer vertretbare Aktionen wird Brüssel verantwortlich gemacht. (szi, as, DER STANDARD, 25.6.2014 )