Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: AP Photo/Jae C. Hong

Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: AP Photo/Jae C. Hong

Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: AP Photo/Jae C. Hong

Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: AP Photo/Jae C. Hong

Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: AP Photo/Jae C. Hong

"Eve: Valkyrie" ist ein Raumschiffspiel, wie man es sich vorstellt. Hinter dem Steuer eines Jägers verlässt man mit Maximalantrieb die Startschleuse eines Schlachtschiffes, um in der Weite des Alls den Feind ins Visier zu nehmen. Asteroiden kreuzen die Flugbahn, Maschinengewehrsalven und Raketenexplosionen entflammen vor der Kulisse fremder Planeten.

Der Unterschied zu gewöhnlichen Weltraumsimulationen ist, dass "Valkyrie" nicht am Fernseher oder dem PC-Monitor, sondern durch die Linsen einer Virtual-Reality-Brille (VR) vom Schlage Oculus Rift für PC und Project Morpheus für PS4 erlebt wird.

Und das ändert alles.

Im virtuellen Raum

Setzt man eines der beiden VR-Headsets zum ersten Mal auf, ereilt einen ein gespenstisch vertrautes Gefühl. Ein Spiel, eine Fiktion, die man sonst nur auf der Fläche eines Screens betrachten kann, wird plötzlich zur Realität rund um einen herum. Das Weltall vor den Augen ist keine Scheibe mehr, sondern erfüllt den Raum, in dem man sich zu befinden scheint. Blickt man nach links, ist da tatsächlich die Seitenscheibe und alles, was sich dahinter befindet. Über einem verläuft das Radar, unter einem die Beine und die Steuerungsapparatur. Bewegt man den Kopf ungläubig nach vorne, kommt die Armatur vor einem näher. Was sonst hätte man sich erwartet.

War man Sekunden zuvor noch in einem klinischen Kämmerchen auf einer Messe im L.A. Convention Center, ist man plötzlich an einem anderen, phantastischen Ort und kann es kaum erwarten, dass die Schubkraft einsetzt, die einen durch den Starttunnel hinaus in die Ungewissheit katapultiert. Es ist ein ergreifendes Gefühl, das sich mit nichts vergleichen lässt, was man bisher von Videospielen kennt. Das Fenster zur Pixeldimension wird geöffnet, der Kopf hindurchgesteckt.

Zum Fürchten braucht es nicht viel

Mit dieser Technologie werden eines Tages noch weit phantastischere Anwendungen möglich sein, aber allein schon die noch längst nicht ausgereizten Demos, die auf der E3 ausprobiert werden konnten, sind so vereinnahmend, dass man das Potenzial nicht mehr zu verkennen mag. Mit Oculus beispielsweise kann der Horrortrip von "Alien: Isolation" hautnah durchlebt werden. So gespenstisch, dass für viele Sekunden ängstlich hinter einer Kiste verharrt, bevor man sich traut, aufzublicken und nachzusehen, ob die Bestie eh schon vorbeigeschritten ist. Und mit Morpheus wird man liegend auf einem Skateboard zum Straßenraudi und flitzt in Windeseile an entgegenkommenden Autos vorbei und unter Lastwägen hindurch. Die Neigung des Kopfes leitet präzise Ausweichmanöver ein, eine Kollision verleitet zum spontanen Zusammenzucken.

Das Besondere und so subtil begeisternde an VR ist, dass es kein großes Actionfeuerwerk benötigt, um mitzureißen. Für Spieler selbst banale Erfahrungen wie die Erkundung einer Umgebung werden so aufregend. So stark ist die so genannte Immersion.

Starke Tricks

Dies ist gleich mehreren Technologien zu verdanken, die heute immerhin so weit fortgeschritten sind, dass sie VR-Erlebnisse überzeugend machen. Sowohl Rift als auch Morpheus nutzen zur Darstellung eine vor allem zu früheren Produkten vergleichsweise hohe Auflösung von 1080p bei einer entscheidend flüssigen Bildrate von 60 fps. Hinzu kommt, dass der Sichtbereich weit genug ist, um das menschliche Auge nicht durch schwarze Balken rund herum zu irritieren und über eine Kamera und Sensoren werden sehr präzise die Kopfbewegungen erfasst, um einen natürlichen Rundumblick zu ermöglichen.

Beide Lösungen sind zudem angenehm zu tragen - mit unterschiedlichen Halterungskonzepten und den jeweiligen Vor- und Nachteilen. Oculus trägt sich wie ein Skibrille, wodurch das Display gut um die Augen abschließt, aber auch auf Nasenbein und Jochbein lastet. Morpheus Geschirr verlagert das Gewicht auf Schädel und Nacken, wodurch es auch für Brillenträger sehr angenehm zum Tragen ist. Allerdings ist der Sichtbereich nicht ganz so gut abgedichtet, weshalb Licht insbesondere von unten einfallen kann.

Und viele Hürden

Die Unterschiede sind, wenngleich im Detail durchaus vorhanden, bislang allerdings nicht so entscheidend, wie die Gemeinsamkeiten - oder besser gesagt, die gemeinsamen Schwächen. Eine Auflösung von 1080p ist bei Fernsehern scharf, bei einer VR-Brille hingegen das Mindestmaß. Das liegt daran, dass die Pixel über das breite Sichtfeld ausgedehnt werden und so für das Sehzentrum in der Mitte nur ein Teil der Auflösung genutzt werden kann. Bei beiden Systemen resultiert dies in einem Bild, das von der Schärfe eher an Konsolenspiele der vergangene Generationen erinnert, als an moderne Werke. Durch die Ausdehnung sind sogar wie bei einem Fliegengitter einzelne Pixel zu vernehmen. Die heute reproduzierten virtuellen Welten sind absolut beeindruckend, astrein und kantenfrei anzusehen sind sie nicht.

Die Psychologie spielt mit

Im Zuge der "Valkyrie"-Demo erklärte ein Entwickler, mit welche Hürden man heute sonst noch zu kämpfen habe. Viele davon seien auch psychologischer Natur. Einerseits wird für Sehbewegungen der Kopf und nicht das Auge getrackt. Das bedeutet, dass man zum Schauen nicht die Blickrichtung, sondern den Kopf bewegen muss, denn der Fokus ist nur für der Mitte des Bildes ausgerichtet. Eine kleiner Unterschied, an die sich das Gehirn allerdings überraschend leicht anpassen kann.

Schwieriger wird es beim Interface und bei Kameraeinstellungen. Sofern es sich vermeiden lässt, werden am besten nur wenige Bildschirminformationen eingeblendet. Und wenn, müssen sie auf das Sehzentrum ausgerichtet sein, ansonsten können sie beim Nutzer Schwindel verursachen. Mit den aktuellen Technologien ebenfalls keine gute Idee sind Rückwärtsbewegungen und Inhalte, die aus dem toten Winkel ins Bild einschießen. Menschen, die leicht seekrank werden, ereilt auch bei virtuellen Raumfahrten und Tauchgängen (noch) leicht ein Schwindelgefühl.

Eine andere Frage ist ebenfalls noch nicht geklärt: Wie werden VR-Spiele der Zukunft gesteuert werden. Die Navigation mit dem Controller funktioniert gut, für eine höhere Immersion benötigt es allerdings Systeme, die auch Handbewegungen miteinbeziehen. Sony nutzt dafür bei einigen Demos PlayStation Move und erreicht so zumindest das Gefühl, als würde man seine Hände im Spiel haben. Perfekt ist diese Umsetzung aber ebenso noch nicht.

Keine Eile

Alle auf der E3 befragten Entwickler, die an Spielen oder der Hardware arbeiten, zeigten sich davon überzeugt, dass das Gros der genannten Probleme durch laufende technische Optimierungen in den Griff bekommen werden. Noch entscheidender aber ist die Bereitstellung dauerhaft überzeugender Inhalte.

Dies ist neben dem noch nicht massenmarkttauglichen Preis und dem Optimierungsbedarf auch der Hauptgrund, weshalb sich weder Facebook (Oculus) noch Sony (Morpheus) auf Spezifikationen und Veröffentlichungszeiträume festlegen wollen. Die Technologie ist da und im Prototypstadium und heute vorrangig für interessierte Softwarehersteller gedacht, damit diese mit passenden Projekten loslegen können. 2015 oder 2016 - wann schlussendlich auch immer das Gesamtportfolio zu überzeugen vermag, werden VR-Brillen den Schritt in die Wohnzimmer der Konsumenten wagen. (Zsolt Wilhelm aus Los Angeles, derStandard.at, 12.6.2014)