Die eigentlichen Gewinner der Wahl am Sonntag sind jene Kräfte, die die Integration der serbischen Bevölkerung im Norden in den kosovarischen Staat vorbereitet, politisch ermöglicht und gegen alle Widerstände durchgezogen haben. Es sind dies vor allem die beiden serbischen Politiker Ivica Dacic und Aleksandar Vucic, Letzterer ist mittlerweile Premier in Serbien. Jahrelang hatte es geheißen, Serbien könne in der Kosovo-Frage keinen Schritt machen, weil dies die serbischen Wähler bestrafen würden. Das Gegenteil ist der Fall. Am Sonntag haben erstmals die Serben im Norden an den Parlamentswahlen im Kosovo teilgenommen, und mit ihrer Teilnahme ermöglichen sie die Integration eines bisher unfertigen Staates.

Im Kosovo wird Hashim Thaçi wohl weitere vier Jahre an der Macht bleiben, möglicherweise in einer Koalition mit der Partei AAK eines anderen Ex-Kämpfers der Kosovo-Befreiungsarmee UÇK, Ramush Haradinaj, obwohl die "internationale Gemeinschaft" wohl lieber eine große Koalition mit der Demokratischen Liga (LDK) sehen würde. Denn wenn der Kriegsflügel an der Macht bleibt, erschwert dies die Aufarbeitung der Kriegsverbrechen auf albanischer Seite. Doch die Opposition hat trotz Chancen versagt. Zu erwarten ist aber nun eine Führungsdebatte in der oppositionellen LDK. Ihr Chef Isa Mustafa hat bereits im Vorjahr den Bürgermeistersessel in Prishtina verloren. Neue Kräfte in der LDK wären da bereits längst nötig gewesen. (DER STANDARD, 10.6.2014)