Obwohl am letzten Jänner-Wochenende zur Kür der Protest Song Contest- FinalistInnen die Kongress-Halle mit dem erwähnten Siebziger-Charme gut gefüllt war, gibt es sicherlich genug Menschen, die an diesem recht grauen Samstag-Abend nicht den Weg zum Margartengürtel gefunden haben. Für all jene und einige andere Nimmersatts wurde hier eine kleine Anhör-Sache gebastelt – aus verschiedensten Gründen an dieser Stelle wieder ohne Fotos, dafür mit vielversprechenden Text-Zitaten und Sound-Kostproben.

Grafik: Chili Gallei/Rabenhof

Moderatorisch bestreiten – wie im Vorjahr – die Song-Contest-Veteranen Dirk Stermann und Christoph Grissemann das finale Showdown am kommenden Samstag (12.2., 20 Uhr, Rabenhof-Theater).

Bevor allerdings diese zwei und die Jury ihre launigen Kommentare abgeben und zur Wertung schreiten, können Sie sich ein Bild machen und letztendlich den Favoriten derStandard.at-Userschaft mitbestimmen.

Final-Jury

  • Sweet Susie (Dub Club)

  • Andrea Dusl (Falter)

  • Doris Knecht (Profil)

  • Peter-Paul Skrepek (Gewerkschaft Kunst, Medien, Sport, freie Berufe)

  • Hansi Lang (Musiker)

  • Martin Blumenau (FM4)
Grafik: Rabenhof/Christian Gallei

Ganz unspektakulär präsentierte sich Georg Bauernfeind mitsamt Gitarre. Leise auch sein Singer-Songwriter-Protest, der von der Begegnung mit einer ihn betörenden politischen Aktivistin erzählt. Interessiert er sich wirklich für die "sweat-shops"-in der Bekleidungsindustrie oder hat er nur sein Herz verloren? – Die Jury ist nicht dabei Eingeschlafen und vergab für das – etwas extravagantere – Thema das Ticket fürs Finale.

>>>Zum Reinhören: Flugblatt-Gedicht

Hilfe: Wenn sich Lied nicht sofort abspielt, im Popup-Fenster den "Öffnen"-Button auswählen.

Alle Songs sind auch auf der offiziellen Protest Song Contest-Seite zu hören (inkl. Texte).

Hintergrund-Grafik: Chili Gallei /Montage: derStandard.at

Einen Schnellsiede-Kurs in Französisch, Englisch, Italienisch und Russisch für Donnerstags-DemonstrantInnen hatte Mike Blumentopf zu bieten. Mit rot-weiß gestreiften Absperrungsband um den Kopf und recht "fantasie"-vollen Outfits intonierte man zur Melodie von "Frère Jacques" einen Abschieds-Kanon für Wolfgang Schüssel und seine Regierungsriege. Vorher vergewaltigten die beiden Sänger allerdings eine seit Liesl-Gehrers-Volksschulzeiten nicht mehr gestimmte Gitarre. Disqualifiziert wurde trotzdem nicht.

>>>Zum Reinhören:
Protestsong 2005

Hintergrund-Grafik: Chili Gallei /Montage: derStandard.at

Fritz Ostermayer vermutete bei dieser Nummer, sie sei direkt in Kingston, Jamaica aufgenommen worden. Klang tatsächlich sehr authentisch. Der Text war aber eher pathetisch und verwirrend: "Oh.. Marcus Omofuma You showed us the way to carry on" ...

Ein Jury-Mitglied kommentierte: Perfekter Reggae geht auch ohne Kiffen mit politischem Anliegen. – Vielleicht doch eher mit?

>>>Zum Reinhören: Never give up the fight

Hintergrund-Grafik: Chili Gallei /Montage: derStandard.at

Zu diesen beiden Herren braucht man nicht viel sagen: Ihre Musik ist durch Funk (und Fernsehen?) hinlänglich bekannt. Kein Skispringer-Lied, dafür eine herrliche Hasstirade auf die Menschen, die in der Flimmerkiste zu sehen sind. Einzige Frage: Wieso tun sie sich das Glotzen überhaupt noch an?

>>>Zum Reinhören:
Ich hasse die Menschen im Fernsehen

Hintergrund-Grafik: Chili Gallei /Montage: derStandard.at

Die einzigen Nicht-Österreicher im Wettbewerb sind aus Berlin und rappen sich ihren Frust u.a. über die Konzerne in der Rüstungs-, Pharma- und Chemieindustrie von der Seele. Ihr ironisches Dankeschön an die Mächtigen der Welt und unsere Ohnmacht und Ahnungslosigkeit kam von Konserve wusste aber auch ohne Live-Auftritt zu überzeugen.

>>>Zum Reinhören: Danke

Hintergrund-Grafik: Chili Gallei /Montage: derStandard.at

"War das jetzt Musical?", wurden die zwei Mädels von "Henriette" – keine von ihnen ist namensgebend für das Duo – wiederholt gefragt. "Nein, eine Hymne", wurde die kecke Anspielung quittiert. Genauer: Eine Hymne auf den Bauch der Frau und ihr selbstbestimmtes Recht auf Schwangerschaftsunterbrechung. – 30 Jahre nach Einführung der Fristenlösung leider immer noch kein unangefochtenes Grundrecht.

Ihre choreografierte Coverversion von dem 70er-Dance-Song "Could It Be Magic", den sowohl Barry Manilow als auch Donna Summer trällerten (1975,1976) und die Take That zu einem weiteren Hit verhalf, wurde von der Zuhörerschaft mit tosendem Applaus belohnt und sollte daher zu den Spitzenreitern gerechnet werden.

>>>Zum Reinhören:
Mein Bauch gehört mir

Hintergrund-Grafik: Chili Gallei /Montage: derStandard.at

Sanfter Punk-Rock (gibt's sowas?) mit Aufforderungscharakter – "Lass es raus. Lass deine Wut endlich raus." – sind die Ingredienzen dieses radio-tauglichen Protestliedes. Was die Band, deren Sänger das "R" wütend rollt, live alles raus läßt, wollte wohl auch die Jury wissen, obwohl ich mich noch gut an das uncharmante Statement "Masturbationshymne" erinnere. Eine abstruse Assoziation, wie ich finde, aber offenbar macht der Song manche Leute "sexy".

>>>Zum Reinhören:
Verweigerung

Hintergrund-Grafik: Chili Gallei /Montage: derStandard.at

Routinierte City-Cowboys reiten mit lyrischen Texten der sanften Revolution entgegen. Die nicht ganz unbekannten "Lassiter" beschwören niederländische Landschaftsgemälde aus dem 16. Jahrhundert – Pieter Bruegel zum Beispiel – und den Aufstand mit Mistgabeln und lassen von besseren Zeiten und reichen Ernten träumen. Schön!

>>>Zum Reinhören:
Bilder des Widerstands auf dem Weg zur Freiheit

Hintergrund-Grafik: Chili Gallei /Montage: derStandard.at

Ein medienkritischer Song mit sehr feinen Textstellen von denen hier einfach noch eine zitiert werden soll:
"Ihre Wahrheit ist auf Sand gebaut,
Weil jedes Kind ihren Hunger nach Macht durchschaut.
Und wer den Reden dieser elenden Hunde traut,
Der wird sich umsehn, der wird sich umsehn.
Wie die Hyänen werden sie um dich herumgehen.
Dich beschnuppern und dich betasten,
kartografieren [klick] einrasten."

Manchmal wird der Text trotzdem etwas schwerer durchschaubar und wirft eins, zwei, drei Fragezeichen auf. Unter anderem: War das die Stimme von Frank Zander?

>>>Zum Reinhören:
Sandbürger

Hintergrund-Grafik: Chili Gallei /Montage: derStandard.at

Ja, Songs über Liesl Gehrer sind zu jeder Zeit beliebt. Letztes Jahr gab's eine Punk-Antwort auf den "Kinder-statt-Party"-Sager, dieses Mal gabs zur Melodie der Kinks-Nummer "Lola" eine Abrechnung mit der schwarzen Uni-Politik. Aus Gründen der Aktualität und der anwesenden Zielgruppe ist die Nummer ebenso den Favoriten zuzurechnen.
Und wer ist Ihr Favorit? (kafe)

>>>Zum Reinhören:Geh-rer

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Link: Protest Song Contest

Hintergrund-Grafik: Chili Gallei /Montage: derStandard.at