Bernhard Gruber

Foto: Irina Gavrich
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Gewinner des diesjährigen RONDO-Vöslauer-Modepreises

Foto: Irina Gavrich

Es ist brütend heiß in dem kleinen Fotostudio im siebten Bezirk. Bernhard Gruber trägt einen überdimensionalen Strickpulli, der auch in Sibirien gute Dienste leisten würde. Dann schlüpft er in eine Bomberjacke aus gecrashtem Filz. Später zwängt er in sich in einen grobmaschigen Overall aus Strick. Er schwitzt. Trotzdem schlägt er ein Rad und springt in die Luft, er probiert einen Handstand und wirft dabei das kecke Filzhütchen in die Luft. Modeln ist Schwerstarbeit - genauso wie eine Kollektion zu designen.

Mit beidem hat der 29-jährige Burgenländer schon seit längerem Erfahrung. Seit vier Jahren studiert er in der Modeklasse der Wiener Angewandten, erst unter der belgischen Designerin Veronique Branquinho, seit einem Jahr bei dem neuen Professor Bernhard Willhelm. Dieser ist für seine wilden und an der Grenze zu angewandter Kunst angesiedelten Kreationen bekannt. Zu seinen Lieblingsthemen gehören Bräuche und Berge.

Bergmode

Damit kann auch Bernhard Gruber etwas anfangen. Seine mit dem RONDO-Vöslauer-Modepreis ausgezeichnete Kollektion (Dotierung: 3000 Euro) richtet sich an Bergfexe. Oder besser gesagt an jene Modebegeisterten, die an Zitaten aus der Bergmode Gefallen finden. Sie kommen bei Gruber auf ihre Kosten: Die Materialien sind rau, die Schnitte kommen aus der klassischen Alpinmode, in der Kollektion finden sich zwei Kilts und jede Menge Rucksäcke. Goretex-Fetischisten werden die Nase rümpfen.

Doch um eine 1:1-Tragbarkeit geht es bei den Kollektionen der Studenten an der Angewandten nicht. Hier sind Witz und Experiment gefragt. Später irgendwann, wenn sie an einem größeren Haus arbeiten oder mit ihrem eigenen Label auf den Markt drängen, werden sie diese Freiheiten nicht mehr haben. Das ist Gruber - im Unterschied zu vielen seiner Kommilitonen - durchaus bewusst. "Mode ist ein hartes Geschäft", sagt er und erzählt dann von seinen Erfahrungen, die er als Model bei diversen Marketing- und PR-Aktionen für Modeunternehmen und im Im- und Export von Skatermode gemacht hat. "Ich tu mir schwer damit, wenn mir jemand sagt, dass Mode Kunst ist. Am Ende des Tages geht es darum, die eigenen Kreationen zu verkaufen."

In die Lüfte schwingt sich Gruber nur auf seinem Skateboard. Der gänzlich uneitle Bursch ist ein handfester Typ, seine Gedanken sind schnell, bewegen sich aber immer auf dem Boden. An der Uni kommt seine Nüchternheit nicht immer gut an, für die Laufbahn als Designer ist sie aber sicher kein Nachteil. In seiner Freundin, der an der Berliner Modeschule Esmod ausgebildeten Designerin Yvonne Schneider, hat er eine wertvolle Unterstützung. "Sie weiß mehr über Mode als ich. Manchmal wäscht sie mir auch den Kopf." Zum Beispiel wenn Gruber zu stark auf den Pfaden seines Professors wandert.

Textilien, Keramik, Metall oder Holz

"Den Vorwurf einer gewissen Bernhard-Willhelm-Nähe hat sie mir angesichts dieser Kollektion gemacht", erzählt der drahtige Designer mit dem markanten Profil während des Fototermins. Den kann er selbst nicht erkennen: "Unsere Themen sind ähnlich, das stimmt, aber mein Zugriff ist praktischer und stärker handwerklich geprägt."

Textilien sind nur ein kleiner Teil der Materialien, die Gruber interessieren. Genauso gern arbeitet er mit Keramik, Metall oder Holz. Lange spielte er überhaupt mit dem Gedanken, Tischler zu werden. Erst als ihm seine Schwester, die im PR-Bereich arbeitet, eine Ausbildung an der Angewandten nahelegte, bewarb er sich. "Ich habe etwas gebraucht, bis ich das gefunden habe, was mir wirklich gefällt." Mittlerweile kann er sich aber nichts anderes mehr vorstellen.

Wobei am Ende des Arbeitsprozesses nicht immer Mode herauskommen muss. Gruber ist ein Allround-Designer. Nach dem Studium, für das er voraussichtlich noch zwei Jahre brauchen wird, will er eine Werkstätte eröffnen. Kein Atelier, sagt er, nein, eine Werkstätte.

Was er dort genau herstellen will, ob Möbel, Brillen, Schuhe oder Kleider, das kann er derzeit noch nicht sagen. Auf jedem Fall etwas, das sich auch verkaufen lässt. Vielleicht sogar eine Skateboardkollektion für seine Freunde. (Stephan Hilpold/Der Standard/rondo/18/06/2010)