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Zugkräftiges Duo: Nicole Kidman und Jude Law als Liebespaar inmitten der Wirren des US-Bürgerkriegs in "Cold Mountain"

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Anthony Minghella, 1954 auf der Isle of Wight geborener Regisseur, Drehbuchautor und Produzent (hier mit Jude Law am Set) , wurde zunächst als Dramatiker bekannt.

Nach preisgekrönten Fernseharbeiten drehte er 1991 seinen ersten Kinofilm, "Truly, Madly, Deeply". 1996 gewann er mit "Der englische Patient" (nach dem Roman von Michael Ondaatje) insgesamt neun Oscars. 1999 adaptierte er Patricia Highsmiths "Der talentierte Mr.Ripley" fürs Kino. (irr)

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Renee Zellweger und Nicole Kidman

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Mit dem US-Bürgerkriegsdrama "Cold Mountain" wurden die 54. Internationalen Filmfestspiele in Berlin eröffnet. Regisseur Anthony Minghella sprach mit Isabella Reicher über die Kumpelqualitäten von Nicole Kidman und über seine Vorbilder.


Berlin/London – Anthony Minghella kann zufrieden sein: Cold Mountain, sein fünfter Kinofilm, wurde eben für sieben Oscars nominiert. Im Mittelpunkt des Films, der auf dem gleichnamigen Roman von Charles Frazier basiert, steht eine Liebesgeschichte: Der junge Farmer Inman (Jude Law) und die Pastorentochter Ada (Nicole Kidman) werden durch den beginnenden Bürgerkrieg voneinander getrennt. Der Film entfaltet in der Folge ein Panorama aus wechselvollen Kriegserfahrungen.

Für Cold Mountain – der am 18.2. im Rahmen einer STANDARD-Leserpremiere in Wien präsentiert wird – hat der britische Regisseur einmal mehr ein beeindruckendes Ensemble zusammengestellt: Neben Kidman und Law sind unter anderem Renée Zellweger (eben dafür Golden-Globe-prämiert), Donald Sutherland, Philip Seymour Hoffman, Nathalie Portman oder Giovanni Ribisi zu sehen. Die Struktur des Films, so Minghella, sei ihm bei der Besetzung entgegengekommen:


Minghella: Der Film ist episodisch angelegt, er hat eine Kapitelstruktur, das heißt, es gibt jeweils unterschiedliche Hauptfiguren. Das lässt sich gut als Angebot formulieren: "In den vier Szenen, für die ich Sie gerne besetzen würde, steht Ihre Figur im Mittelpunkt – wollen Sie nicht mitmachen?" STANDARD: Die strapaziösen Drehbedingungen haben auch Stars wie Nicole Kidman nicht abgeschreckt? Minghella: Nicole Kidman ist etwas ganz Besonderes. Man kann großen Spaß mit ihr haben, sie hat das Lachen einer Hyäne. Sie wirkt einerseits so heikel und zerbrechlich, und gleichzeitig ist sie extrem robust, einfach ein guter Kumpel. Unter Stress kommt die Australierin in ihr zum Vorschein. Sie und Jude Law waren großartig am Set: Sie haben sich nie beschwert, das hat die allgemeine Stimmung geprägt. STANDARD: Und warum haben Sie sich darauf eingelassen? Minghella: Meine Filme waren für mich immer ganze Lebensabschnitte. Ich entwickle meine Projekte eher langsam, das heißt also, dass ich mich einer Sache hingebe, einige Jahre mit ihr lebe. Der talentierte Mr. Ripley war für mich ein sehr wichtiger Film, ein Film, auf den ich sehr stolz war, der aber zugleich viel mit den dunklen Seiten auch meiner Person zu tun hatte. Die Aussicht, Zeit mit Figuren zu verbringen, die versuchen, anständig zu bleiben, die hehre Ziele verfolgen, Versprechen einhalten und loyal sind, hat mir also sehr gefallen. STANDARD: Und wie würden Sie sich selbst als Filmemacher einschätzen? Minghella: Die Filme, die ich mag, sind tendenziell solche, die die ganze Leinwand ausfüllen und von Gemeinschaften handeln. Ich werde immer nervös, wenn in einem Film nur wenige Figuren vorkommen. Ich erzähle lieber Geschichten über Kollektive als über Individuen, auch wenn ich Schauspieler und die Psychologie von Individuen sehr schätze. Ich möchte beides vermitteln, das Medium in dieser Hinsicht so weit als möglich ausschöpfen. Wenn Sie nach einem Vorbild dafür fragen würden, dann wäre das ein wunderbarer italienischer Film: Der Holzschuhbaum von Ermanno Olmi. STANDARD: Seit einiger Zeit sind Sie auch Vorsitzender des British Film Institute (BFI) – sehen Sie das als Möglichkeit, Ihre Vision vom Kino oder die Arbeit Ihrer Vorbilder zu promoten? Minghella: Die Aufgabe des BFI ist es, für Filme einzutreten, die ansonsten vernachlässigt werden. In meinem "day-job" als Regisseur bin ich zugleich Abhängiger und Nutznießer von Hollywood, seinen Marketingmöglichkeiten und der ganzen Maschinerie. Aber die Filme, die mich zum Filmemachen animiert haben und die ich liebe, kommen oft auch von anderswo her. Das BFI ist jene Einrichtung in Großbritannien, die es einem Publikum ermöglicht, die großen Filme der Vergangenheit, anderer Länder und Kulturkreise zu sehen. Diese Arbeit muss unbedingt fortgesetzt werden. Junge Leute müssen die Möglichkeit haben, Filme von Kurosawa oder Kieslowski, von Fellini, Ozu oder Olmi zu sehen. Und das wird ihnen in ihrem örtlichen Multiplex nicht geboten. STANDARD: Weil Sie Kurosawa erwähnen: Ist die Schlachtszene, mit der Sie Ihren Film eröffnen, von seinen Arbeiten inspiriert? Minghella: Ja, ich kenne seine Filme sehr gut, und die Art, in der er Farben einsetzt, Actionsequenzen choreografiert, ist für mich sehr wichtig. Ich bin von meinem Zugang her kein Actionregisseur. Was ich also versucht habe, war, eine Folge von Bildern zu finden, die so stark sind, dass sie das Publikum in einer relativ kurzen Zeitspanne genügend für die Schrecken des Krieges sensibilisieren und ich in der weiteren Folge keinen Kriegsfilm drehen musste. Und ich hatte das Gefühl, dass Kurosawa einer jener Regisseur ist, die das geschafft haben. (DER STANDARD, Printausgabe, 5.2.2004/red)