Ein internes Frage-und-Antwort-Heft der ÖVP zeugt für den Grünen Sicherheitssprecher Peter Pilz von der "Jämmerlichkeit einer Nasenring-Partei"

scan: derStandard.at
Wien - Manche ÖVP-Abgeordnete brauchen scheinbar Nachhilfeunterricht im Fach Fragestellung. Dies legt zumindest ein Papier nahe, das der Grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz am Freitag in einer Pressekonferenz vorgelegt hat. Demnach werden den Abgeordneten die offenbar zu stellenden Fragen für die Aussprache mit dem Innenminister in den zuständigen parlamentarischen Gremien schon im Vorhinein ausgehändigt - und praktischer Weise auch gleich mit den geplanten Antworten des Ressortchefs versehen.

25 Fragen und Antworten

Das Dokument, dessen Inhalt offenbar dem Innenministerium entstammt, enthält 25 Fragen und Antworten für die zwölf Mitglieder des Innenausschusses aus den Reihen der Volkspartei. Das Frage und Antwortheft wurde offenbar in der Vorbesprechung der VP-Fraktion ausgeteilt und dann laut Grünen Angaben während der Ausschuss-Sitzung in der Diskussion mit dem Innenminister auch angewandt. Für Pilz ist diese Vorgangsweise Beleg für "die Jämmerlichkeit einer Nasenring-Partei".

TACIS BOMCA mit k gesprochen

Das Heft hatte der VP-Abgeordnete Alfred Schöls nach Angaben der Grünen in der Sitzung des Innenausschusses zum Sicherheitsbericht liegen gelassen, dadurch fiel es Pilz in die Hände. Auf dem ersten Blatt ist handschriftlich zu lesen: "Abg. Schöls 7.11.2003. Vom Kabinett BMI (Innenministerium, Anm.) ausgeteilt in der VB (Vorbesprechung, interpretiert Pilz)". Im Anschluss finden sich 25 Fragen an den Innenminister - teilweise sogar mit Lautschrift versehen, z.B. TACIS BOMCA (sprich: tacis bomka) - und danach die vorbereiteten Antworten des Innenministeriums.

"Lesefähige mieten"

Pilz reagiert auf den Vorfall halb belustigt, halb empört. Nur um vorbereitete Fragen vorzulesen, brauche man Abgeordneten keine 7.000 Euro im Monat zahlen. Wenn das Prozedere so ablaufe, solle man lieber "Lesefähige" mieten und nach den Sitzungen wieder heim schicken. Der Grün-Abgeordnete vermutet, dass diese Art der Vorgehensweise nicht nur bei Innenministerium und Innenausschuss gepflegt wird. Deshalb verschickt er nun entsprechende Anfragen auch an die anderen Ressorts.

Fragen an Khol

Bereits abgesandt sind zwei schriftliche Anfragen. Eine davon richtet sich an Nationalratspräsident Andreas Khol. Von ihm will Pilz unter anderem wissen, ob ihm diese Praxis bekannt sei und ob diese der Würde des Hauses entspreche. Auch fragt der Grün-Abgeordnete, ob mit dieser Praxis das Kontrollrecht und das unabhängige Fragerecht der Abgeordneten gewahrt ist.

Anfrage an Strasser

Die andere Anfrage richtet sich an Innenminister Ernst Strasser (V). Von ihm wird etwa Auskunft begehrt, wie oft in seiner Amtszeit derartige Unterlagen für ÖVP-Abgeordnete erstellt worden seien. Zusätzlich stellt sich für Pilz die Frage, ob diese Papiere von Ministeriumsmitarbeitern während ihrer Dienstzeit gefertigt werden. Den Abschluss des Katalogs bildet Frage 10: "Dürfen ÖVP-Abgeordnete auch andere Fragen stellen?".

Schöls: "Schnüffelmethoden"

"Sehr belustigt" reagiert der VP-Abgeordnete Alfred Schöls auf die Vorwürfe des Grünen Abgeordneten Peter Pilz betreffend die Sitzung des Innenausschusses am vergangenen Freitag. Er sei an diesem Tag nämlich mit einer parlamentarischen Delegation im Ausland und daher bei der Sitzung gar nicht anwesend gewesen. "Sehr empört" ist Schöls aber, "weil Pilz offensichtlich meint, seine Schnüffelmethoden auch im Parlament anwenden zu können." (APA)