Wien - Im Unvereinbarkeitsgesetz aus dem Jahr 1983 ist die Meldepflicht von Aktien-Besitz von Regierungsmitgliedern geregelt. Der Paragraf 3 - eine Verfassungsbestimmung - im Wortlaut:

"Steht ein Unternehmen im Eigentum eines Mitgliedes der Bundesregierung, eines Staatssekretärs ... oder sind sie Eigentümer von Anteilsrechten an einer Gesellschaft oder sonstiger Anteilsrechte an einem Unternehmen, so sind sie verpflichtet, bei Antritt ihres Amtes oder unverzüglich nach Erwerb solchen Eigentums dies dem Unvereinbarkeitsausschuss des Nationalrates ... anzuzeigen; dabei ist das Ausmaß bestehender Anteilsrechte einschließlich der des Ehegatten anzugeben. Liegt eine Beteiligung, einschließlich der des Ehegatten, über 25 vH, so dürfen solchen Gesellschaften oder Unternehmen, sofern es sich um Mitglieder der Bundesregierung oder um Staatssekretäre handelt, weder unmittelbar noch mittelbar Aufträge vom Bund und von der Kontrolle des Rechnungshofes ... unterliegenden Unternehmen, ... erteilt werden."

Im Paragraf 3a ist die Offenlegung der Vermögensverhältnisse gegenüber dem Rechnungshof geregelt:

"(1) Die Mitglieder der Bundesregierung, die Staatssekretäre, die Mitglieder der Landesregierungen und in Wien der Bürgermeister sowie die weiteren Mitglieder des Stadtsenates sind verpflichtet, jedes zweite Jahr sowie innerhalb von drei Monaten nach Amtsantritt und nach Ausscheiden aus ihrem Amt dem Präsidenten des Rechnungshofes ihre Vermögensverhältnisse offenzulegen.

(2) Offenzulegen sind: 1. Liegenschaften unter genauer Bezeichnung der Einlagezahl und der Katastralgemeinde;

2. das Kapitalvermögen ... in einer Summe;

3. Unternehmen und Anteilsrechte an Unternehmen unter Bezeichnung der Firma;

4. die Verbindlichkeiten in einer Summe."

Finanzminister Karl-Heinz Grasser hat am Sonntag mitgeteilt, dass er seinen Aktienbesitz im Wert von derzeit 127.835 Euro dem Rechnungshof - nicht jedoch dem Unvereinbarkeitsausschuss - gemeldet habe.

Aus dem Parlament hieß es am Montag auf Anfrage der APA, dass es in der Vergangenheit gegenüber dem Unvereinbarkeitsausschuss sehr wohl Meldungen über Aktienbesitz von verschiedenen Regierungsmitgliedern gegeben habe. Diese seien jedoch nie auf ihre Vollständigkeit geprüft worden.

Das Unvereinbarkeitsgesetz geht auf einen Amtsvorgänger von Grasser, nämlich Finanzminister Hannes Androsch (S) zurück. Ende der 70er Jahre hatte Androsch mit seiner Steuerberatungskanzlei Consultatio die größten Probleme. Das Ergebnis dieser Diskussion war nicht nur die Abberufung von Androsch als Minister, sondern eine "Anlassgesetzgebung" namens Unvereinbarkeitsgesetz. Hinter vorgehaltener Hand heißt es in Parlament, das Unvereinbarkeitsgesetz sei "nicht eines der gelungensten Gesetze". (APA)