Beim Jugendtest nahmen die Schüler Philipp Koch und Anna Strümpel die Jugendministerin Sophie Karmasin ins Kreuzverhör.

Foto: STANDARD/F Hendrich

STANDARD: Haben Sie Swag?

Karmasin: Entschuldigung?

STANDARD: "Swag" bezeichnet eine lässig-coole Ausstrahlung und wurde 2011 zum Jugendwort des Jahres gekürt.

Karmasin: Muss ich mir merken.

STANDARD: Genau wie chillen.

Karmasin: Das kenn ich noch, meine Kinder sagen das. Aber mit "Swag" werde ich sie überraschen, dass ich mit diesem Begriff vertraut bin.

STANDARD: Das hilft Ihnen sicher auch als Kompetenz fürs Jugendministerium - womit wir schon beim eigentlichen Thema sind: Warum sind Sie in die Politik gewechselt?

Karmasin: Ich habe mich so lange damit beschäftigt zu erforschen, welche Erwartungen Menschen an die Politik haben, welche Probleme sie begleiten und was für Ziele sie haben. Jetzt ist es an der Zeit, all das Wissen einmal einzubringen und in die Tat umzusetzen. Quasi vom "Besser wissen" zum "Besser machen".

STANDARD: Warum genau als Familienministerin?

Karmasin:Weil mir Familie das Wichtigste ist - beruflich wie privat. Und Familie ist das Zukunftsthema für Österreich! Wenn wir es nicht schaffen, Familien stärker zu fördern, kommt uns die Zukunft abhanden. Ein Land, in dem immer mehr Singlehaushalte zu Hause sind, wird wahrscheinlich schwer überleben.

STANDARD: Welche Tricks aus der Motivforschung können Sie für die Politik nutzen?

Karmasin: Ich würde es nicht Tricks nennen, aber zwei Dinge helfen mir dabei: Einerseits habe ich 20 Jahre Erfahrung in der Privatwirtschaft und weiß daher auch auf die Kosten und die Effizienz zu achten. Da ist gerade heute ein guter Tag, weil wir die Verwaltung mit dem Landwirtschaftsministerium zusammengeschlossen haben und damit rund zwei Millionen Euro einsparen. Rein aus der Motivforschung kann ich das Wissen mitnehmen, worauf es den Menschen ankommt, und ganz nahe an deren Bedürfnissen Politik machen.

STANDARD: Inwiefern hat Ihre Firma gute Familienpolitik betrieben?

Karmasin: Das Unternehmen bestand zu 90 Prozent aus Frauen, also haben wir darauf geachtet, flexible Arbeitszeiten beizubehalten. In einem Familienunternehmen mit rund 50 Mitarbeitern fällt das sicherlich leichter als bei Großunternehmen.

STANDARD: Haben Sie jetzt überhaupt noch Zeit für Ihre eigene Familie oder beschäftigen andere Familien Sie mittlerweile mehr?

Karmasin: Meine Familie steht immer noch ganz vorne auf der Agenda und ist das Wichtigste. Das wäre für meine Psychohygiene nicht machbar, wenn ich das Gefühl hätte, meine Familie leidet darunter. Von dem her finden alle Familien Österreichs hier einen Platz, aber natürlich auch meine.

STANDARD: Wollen Sie sich auch wie der deutsche Vizekanzler Sigmar Gabriel den Mittwochnachmittag freinehmen, um Ihre Kinder vom Kindergarten abzuholen?

Karmasin: Das ist eine typisch männliche Denke, so managementmäßig zu sagen: Zwei Stunden in der Woche, da können jetzt meine Kinder Platz finden. So funktioniert das mit Kindern nicht. Mein Credo ist eher, grundsätzlich immer erreichbar zu sein: telefonisch, über Skype oder auch einmal akut um sechs zu Hause zu sein. Kann man nicht jeden Tag machen, ist auch klar. Aber da muss man entscheiden, wann es wirklich wichtig ist und wann man es vertagen kann.

STANDARD:Wie finden Ihre Kinder Ihren neuen Job?

Karmasin: Die haben sich total schnell daran gewöhnt. Wenn wir am Esstisch scherzen und diskutieren, sagt dann der Große: "Na, Mama, aber das kannst du nicht in der Zeitung sagen!"

STANDARD: Worin besteht die österreichische Jugendpolitik?

Karmasin: Da gibt es viele verschiedene Themen, deswegen möchte ich mit den Jugendorganisationen gemeinsam eine neue Strategie erarbeiten. Ein Thema sind die neuen Medien. Heute gab es wieder einen Facebook-Fall mit erpresserischen Nacktfotos - da geht es mir darum, Jugendliche auf den Umgang mit neuen Medien vorzubereiten. Auch, über welche Medien ich sie am besten erreichen kann.

STANDARD: Sie können sich vorstellen, auf Facebook aktiv zu werden?

Karmasin: Natürlich, denn Jugendpolitik ist nicht nur Politik für Jugendliche, sondern auch mit Jugendlichen. Ein Ziel von uns ist es, eine elektronische Community aufzubauen, um mit den Jugendlichen wirklich Kontakt zu halten.

STANDARD: Wechseln Sie nach der Politik wieder zur Marktforschung?

Karmasin: Sicherlich in den Wirtschaftsbereich - ob jetzt dort wieder in die Motivforschung, weiß ich noch nicht. Aber ich werde sicher keine Berufspolitikerin. (Philipp Koch, Anna Strümpel, DER STANDARD, 3.3.2014)