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Straßensperre im Evakuierungsgebiet um das havarierte japanische Atomkraftwerk.

Foto: REUTERS/Damir Sagolj

Übersicht über einstige (links) und aktuelle (rechts) evakuierte Zonen rund um das AKW Fukushima Daiichi.

Foto: PNAS

Tokio/Wien – Es ist kein Aprilscherz: Am 1. April, so verkündeten japanische Behörden am Montag, sollen einige der evakuierten Zonen rund um das Atomkraftwerk Fukushima wieder besiedelt werden dürfen. Vor knapp drei Jahren hatten ein Erdbeben und ein gewaltiger Tsunami zur Kernschmelze geführt, und erhebliche Mengen radioaktiver Isotope gelangten in die Atmosphäre, den Boden und das Wasser. Etwa 100.000 Bewohner der Region waren daraufhin evakuiert worden.

Messungen der Strahlenbelastung

Nicht nur die Betroffenen fragen sich, wie groß das gesundheitliche Risiko einer Rückkehr in das Gebiet nahe dem Atomkraftwerk ist. Eine neue Studie japanischer Wissenschafter um Kouji Harada (Uni Tokio) gibt jedenfalls mittelbar Entwarnung: Die Forscher statteten 483 Probanden, die in einer Entfernung von 20 bis 50 Kilometern zum Kraftwerk leben, mit Dosimetern aus, die zwei Monate lang um den Hals getragen wurden. Damit wurde die Belastung durch am Boden abgelagerte radioaktive Isotope gemessen, die erfahrungsgemäß die größte Gefahr darstellen.  Zudem wurden auch die Nahrung einiger Probanden sowie die Atemluft untersucht.

Die Ergebnisse waren durchwegs erfreulich: Die zusätzliche Strahlenbelastung der untersuchten Personen sei derzeit etwa genauso gering wie die durchschnittliche Belastung durch natürlich auftretende Strahlung in Japan, schreiben die Forscher in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazin "PNAS". Dieser natürliche Strahlenwert beträgt in ganz Japan rund 2,1 Millisievert pro Jahr (in Österreich zum Vergleich 2,9 Millisievert). Die geringe Belastung durch die Nahrung ist insofern überraschend, als die Studienteilnehmer den Forschern zufolge vor allem lokal angebautes Gemüse aus der Präfektur Fukushima verzehrten anstatt sich auf importierte Lebensmittel zu beschränken.

Hochrechnungen für die kommenden 10 beziehungsweise 50 Jahre ergeben, dass sich die Strahlungsdosis noch deutlich verringern wird. Aufgrund des natürlichen Zerfalls des radioaktiven Cäsiums im Boden werden die Werte in diesem Zeitraum auf ein Millisievert pro Jahr abfallen.

Abschätzung des Krebsrisikos

Auf Basis dieser Werte konnten die Forscher auch das zusätzliche Krebsrisiko der Anrainer, hochgerechnet auf die gesamte Lebenszeit, abschätzen. Ihre Berechnungen ergaben für die untersuchten Regionen ein relativ geringes Plus von 0,28 Prozent bei Brustkrebs, 0,03 Prozent bei Leukämie und 1,06 Prozent bei anderen Krebsarten.

Untersucht wurden für die Studie das Dorf Kawauchi sowie die Regionen Tamano und Haramachi. Die Einwohner dieser Gegenden leben derzeit etwa genau so wie vor dem Unfall. Die Untersuchungsgebiete grenzen aber an die gesperrte Zone an, in der eine dauerhafte Besiedelung bisher nicht erlaubt ist. In einigen dieser evakuierten Zonen beträgt die Strahlung aber bereits weniger als 20 Millisievert pro Jahr, was dem amtlichen Grenzwert für die Bewohnbarkeit eines Orts entspricht. In manche dieser Gebiete sollen die Bewohner daher nun wieder zurückkehren dürfen. In der näheren Umgebung des Kraftwerks gibt es dagegen aber auch noch Regionen in die eine Rückkehr sehr lange nicht möglich sein wird (siehe Grafik). (guge, derStandard.at, 24.2.2014)