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Individuelles Verpacken von Medikamenten soll die Compliance der Patienten verbessern.

Wien - Wenn 2016/2017 - wie derzeit geplant - die E-Medikation in Österreich startet, wollen Apotheker als Experten die Nase vorn haben: Mit einem eigenen, bezahlten Beratungsprogramm als "Medikationsmanagement" für Konsumenten, heißt es Sonntagabend bei der Fortbildungswoche der Österreichischen Apothekerkammer (bis 28. Februar) in Schladming in der Steiermark.

"Bei mir war in der Apotheke vor kurzem ein Kunde mit 13 verschiedenen Medikamenten. Ich wollte Medikationsmanagement betreiben, wie und in welchem zeitlichen Abstand die Arzneimittel eingenommen werden sollten. Ich habe auch mögliche Wechselwirkungen entdeckt. Der Patient hat gesagt: 'Herr Magister, tun Sie sich nichts an, alle 13 auf einmal. Die werden schon wissen, wo sie hin müssen'," erzählt der Präsident der Österreichischen Apothekerkammer, Max Wellan, von seinen Erfahrungen aus der Praxis.

Überforderte Ärzte

Marion Schaefer vom Institut für Klinische Pharmakologie der Charite in Berlin, zitiert aus einer Untersuchung des Instituts für Allgemeinmedizin der Universität Witten/Herdecke bei niedergelassenen Ärzten: Patienten erhielten neun verschiedene Medikamente pro Tag. 2,7 davon wiesen keine wissenschaftliche Begründung auf. Bei 56 Prozent der Patienten traten Dosierungsfehler auf, bei 59 Prozent wurden Interaktionen festgestellt. 37 Prozent der mehr als 65-Jährigen erhielten für ihr Alter bereits ungeeignete Arzneimittel.

"Die Ärzte gaben an, sie fühlen sich überfordert," sagt Schaefer. Hier sollten Apotheker ein Kooperationsangebot stellen. Doch auch diese Berufsgruppe sei gefordert: "Wichtig ist, dass wir uns um den Nutzeffekt der Medikation beim einzelnen Patienten kümmern. Doch für jedes einzelne Arzneimittel gibt es zwischen 40 und 140 Informationen, die Apotheker parat haben müssten. Wir brauchen eine technische IT-Unterstützung. Es geht aber auch nicht ohne ein möglichst systematisch strukturiertes Medikationsmanagement."

Die Österreichische Apothekerkammer rollt deshalb mit dem aktuellen Start einer großen Ausbildungsinitiative ihr eigenes Medikationsmanagementprogramm aus. 2016/2017 wird die E-Medikation, als technisches Hilfsmittel starten. Für den Patienten stellt diese Liste an sich noch keinen Wert dar. "Den Wert macht erst das Beratungsgespräch", betont Wellan. Entsprechende Pilotprojekte mit Dokumentation sollen durchgeführt werden, mit dem Ziel dass diese Leistung vergütet wird.

Eigene Beratungszimmer

Die Ausbildung ihrer Standesmitglieder der Österreichischen Apothekerkammer wird nun in dreitätigen Seminaren vorangetrieben. Intensives Medikationsmanagement soll auch nicht direkt an der Tara, dem Verkaufspult der Apotheken, betrieben werden.

"Wir haben in der Apothekenbetriebsordnung ein Beratungszimmer vorgesehen. Das wollen wir mit Leben erfüllen," sagt Wellan. Das Projekt werde langsam anlaufen und sich zunächst auf besonders komplexe Fragestellungen bei mehrfach und chronisch Kranken konzentrieren. Es bedeute einen Kulturwandel. Die Apotheker träten nicht an, in die Therapie der Ärzte einzugreifen, aber optimieren könne man die vom Patienten wirklich durchgeführte Einnahme der Medikamente sicher in Kooperation.

In Österreich könnte der Service bis zum "Einschachteln" der richtigen Medikation für jeden einzelnen Tag bei multimorbiden Patienten oder bis zum Verblistern von Tages-Einzeldosen gehen. Vor allem bei Pflegebedürftigen und dementen Patienten stellt allein schon die Verabreichung der jeweils richtigen Arzneimittel zum richtigen Zeitpunkt eine große Herausforderung dar. (red/APA, derStandard.at, 24.2.2014)