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Ist die erste Geburt ein Kaiserschnitt, dann wird das zweite Kind in 77 Prozent der Fälle wieder per Sectio caesarea zur Welt gebracht.

Foto: APA/Felix Heyder

Wien - Mehr als 30 Prozent aller Wiener Kinder kommen per Kaiserschnitt zur Welt. Die Langzeitfolgen der operativen Eingriffe halten Experten für unterschätzt. Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely will mit verbesserter Information die Kaiserschnittrate auf etwa 20 Prozent senken.

In einer Studie mit insgesamt 1.829 Wiener Frauen, die im Wochenbett und einige Monate nach der Geburt befragt wurden, fahndete die Stadt Wien nach Gründen für den anhaltenden Trend zur Sectio caesarea. "Es liegt nicht am Alter, der Zusatzversicherung oder am Bildungsstand", so Wehsely. Vielmehr würden sich vor allem Frauen für den Eingriff entscheiden, die sich vor der natürlichen Geburt fürchten, glauben, diese nicht durchzustehen, oder Mütter, die bereits einen Kaiserschnitt hinter sich haben.

Psychosoziale Betreuung

Tatsächlich treten nur 1,5 Prozent der Frauen zu Beginn der Schwangerschaft mit einem dezidierten Wunsch nach einer Sectio an die Spitäler heran. "85 Prozent der Befragten würden eine Spontangeburt bevorzugen", erklärt die Gesundheitsstadträtin. Erst mit der nahenden Geburt überlegen es sich viele werdende Mütter jedoch anders - vielen seien vor allem die Schmerzen nach dem Kaiserschnitt nicht ausreichend bewusst. "Da müssen wir besser informieren", so Wehsely. Geplant ist unter anderem eine leicht verständliche Info-Broschüre zu allen Geburtsarten und ein Ausbau psychosozialer Betreuungsmöglichkeiten.

Um geplante Kaiserschnitte handelt es sich zumeist bei Mehrlingsgeburten, Frühgeburten oder Beckenendlagen. Nur 13 Prozent seien sogenannte sekundäre Sectios - also aus medizinischen Gründen spontan durchgeführte Eingriffe. "Besonders auffällig war die Wiederholungsrate", meinte die Wiener Frauengesundheitsbeauftragte Beate Wimmer-Buchinger. Haben Frauen bereits eine Sectio hinter sich, wird das nächste Kind zu 77 Prozent wieder per Kaiserschnitt auf die Welt gebracht. Auch bei Erinnerungen an eine vergangene schmerzhafte Geburt tendieren mehr als die Hälfte der Frauen zum operativen Eingriff.

Unterschätzte Langzeitwirkung

Allerdings: Nur 24 Prozent der Mütter würden einen Kaiserschnitt weiterempfehlen. Frauen, die eine natürliche Geburt hinter sich haben, haben im Wochenbett zudem weniger Schmerzen, zeigen sich selbstsicherer und zuversichtlicher. Besonders schlecht geht es Müttern mit ungeplanten Sectios. "Auch die Langzeitwirkungen von Kaiserschnitten wurden bisher unterschätzt", meinte Paul Sevelda, Vorsitzender der Fachkommission Gynäkologie und Geburtshilfe des Wiener Krankenanstaltenverbundes. Der Eingriff könne nicht nur Auswirkungen auf das Stillen haben, sondern auch die nächste Schwangerschaft beziehungsweise die Fruchtbarkeit beeinträchtigen. Die Kinder haben ein erhöhtes Allergie- und Asthmarisiko.

Den weltweiten Anstieg führt er auf die Weiterentwicklung der OP-Methoden und einer gewissen "Modeentwicklung zum Wunsch-Kaiserschnitt" zurück. Um diesem Trend weiter Einhalt zu gebieten, möchte Sevelda die Folgen und Langzeitwirkungen der Sectio auch im Standardrevers - der schriftlichen Erklärung des Patienten vor dem Eingriff - festhalten. (red/APA, 10.2.2014)