Kritiker werfen der Modebranche vor, sie sei oberflächlich und stereotypisierend. Doch manche Labels und Models lassen sich so gar nicht in dieses Klischee pressen. So setzt der Jeansproduzent Diesel in seiner aktuellen "Reboot"-Kampagne auf eine Modebloggerin im Rollstuhl, und das ehemalige Topmodel Elliott Sailors erfindet sich neu als "Mann"

Groß, schlank, makellos und vor allem jung - das sind die Attribute, die von Models gemeinhin gefordert werden. Alles andere ist irrelevant, wenn nicht sogar störend. An der Karriere von Elliott Sailors lässt sich das schön demonstrieren. Blaue Augen, blonde Haare, lange Beine und eine Traumfigur verschafften ihr jahrelang lukrative Aufträge von Werbekunden der Hochglanz-Magazine. Dass das Leben in der Modebranche mitunter ein kurzes ist, erkannte die damals knapp 30-Jährige, als sie wegen ihres "hohen Alters" immer seltener gebucht wurde. Deshalb entschied sich die New Yorkerin dazu, fortan nur mehr als "Mann" die Fashion-Bühne zu betreten. So wurde die blonde Mähne durch einen kurzen Herrenschnitt ersetzt, Bikini und Abendkleider durch Jeans und Flanellhemd. Und siehe da: Nun rollt auch der Rubel wieder.

Der Fall Elliott Sailors mag zwar geeignet sein, die harte Praxis im Modebusiness aufzuzeigen. Allerdings verweist er auch darauf, dass diese eisernen Gesetze von innovativen Designern und Labels auch durchbrochen werden.

So bringt beispielsweise Nicola Formichetti, ehemaliger Stylist von Lady Gaga und seit dem Vorjahr Artistic Director von Diesel, mit seinen unkonventionellen Werbeideen frischen Wind in die Modebranche.

Im Zentrum der "Reboot"-Kampagne stehen keine professionellen Models, sondern "echte Menschen" wie die 26-jährige Jillian Mercado, Fashion-Bloggerin und leitende Redakteurin des Online-Magazins "We the Urban". Im Alter von zwölf Jahren wurde bei ihr die Erbgutkrankheit Muskeldystrophie diagnostiziert.

Foto: Diesel

Für Aufsehen und Kontroversen sorgte bereits der erste Teil von Formichettis Kampagne für die Herbst/Winter-Mode 2013. Besonders das Sujet, auf dem eine nackte tätowierte Frau zu sehen ist, die von einer "Jeans-Burka" verhüllt wird, erhitzte die Gemüter.

Foto: Diesel

Frauen, die keineswegs den konventionellen Modelmaßen und Schönheitsidealen entsprechen, setzte auch das britische Modehaus Debenhams in Szene.

Foto: debenhams

Ein Gesicht der Sommerkollektion 2013 war die 29-jährige Paralympics-Athletin Stefanie Reid, der nach einem Bootsunfall im Alter von 16 Jahren das rechte Bein amputiert werden musste. 

Foto: debenhams

Auch Kelly Knox, Gewinnerin der Reality-TV-Show "Britain's Missing Top Model", war Teil der Kampagne. Die 28-Jährige sorgte bereits 2008 für Aufsehen: Sie war das erste körperlich beeinträchtigte Model, das in der Frauenzeitschrift "Marie Claire" für eine Fotostrecke gebucht wurde.

Foto: debenhams

Das kanadische Plus-Size-Model Elly Mayday war 25 Jahre alt, als bei ihr Eierstockkrebs diagnostiziert wurde.

Foto: Forever yours Lingerie

Statt das Handtuch zu werfen, zeigt sie sich nach Chemotherapie und Operation "ungeschönt" mit Glatze und Narben - beispielsweise für das kanadische Unterwäschelabel "Forever yours Lingerie".

Foto: Forever yours Lingerie

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Wer meint, Models müssten immer jung sein, irrt gewaltig. Im Alter von 15 Jahren war Carmen Dell'Orefice zum ersten Mal auf dem Cover der "Vogue" zu sehen. Seit damals wandelt sie auf dem internationalen Modeparkett - und die heute 82-Jährige wird nicht müde ...

Foto: AP/DIANE BONDAREFF

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Im Jahr 2012 war sie das älteste Model, das jemals eine Frühjahrs- und Sommerkollektion auf der New York Fashion Week präsentierte.

Foto: Reuters/ANDREW BURTON

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Zwischen den Geschlechtern bewegt sich Andrej Pejić - und arbeitet abwechselnd als Männer- und Frauenmodel.

Foto: Reuters/GONZALO FUENTES

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Für Jean Paul Gaultier lief "sie" 2012 die Haute-Couture-Show.

Foto: Reuters/BENOIT TESSIER

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Diesen Mann muss man eigentlich nicht weiter vorstellen. Dennoch: Er wirkte in einem Video von Lady Gaga mit und hält den Weltrekord für die meisten Insekten- und Knochen-Tattoos, der ihm einen Eintrag im Guinness-Buch bescherte. Mittlerweile hat ihn auch die Modebranche entdeckt - Rick Genest alias Zombie Boy. (Günther Brandstetter, derStandard.at, 29.1.2014)

Foto: AP/dapd/Felipe Dana