Presserat bemüht: Jeannées Kolumne vom Freitag.

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Wien – Der Österreichische Presserat muss sich wieder einmal mit Michael Jeannée befassen: Zwei seiner Kolumnen aus der vorigen Woche ließen Leser das Selbstkontrollorgan einschalten.

Jeannée widmete seine "Post"-Kolumne am Freitag vier Jugendlichen, die angeblich in der U-Bahn "Angst und Schrecken" verbreiteten. Der Kolumnist adressierte sie als "elendes, niederträchtiges Pack" – und stellte dazu Fotos der vier jungen Männer von Überwachungskameras aus der U-Bahn. Sie werden eines Raubüberfalls im November verdächtigt.

Ihre Anwältin Astrid Wagner sagt, die vier hätten sich vorigen Mittwoch bei der Polizei gemeldet, als diese Fotos im Internet veröffentlichte. Donnerstag noch einmal, dokumentiert durch eine Bestätigung der Polizei für das Arbeitsmarktservice. Wieder konnten sie laut Wagner gehen – und kamen noch am Donnerstag zu ihr. Sie habe den zuständigen Ermittler angerufen und angeboten, die jungen Männer könnten noch am selben Tag kommen. Ihr habe man einen Termin am Samstag angeboten. Am Freitag sei der Festnahmeantrag gestellt worden – als Jeannées Kolumne mit den Fahndungsfotos erschien.

Der Kolumnist verweist auf die Freigabe der Fotos durch den Staatsanwalt. "Über die Wortwahl kann man diskutieren", räumt er auf STANDARD-Anfrage ein; er habe die "Aggression"  von "früher sagte man: Halbstarken", "ob mit oder ohne Migrationshintergrund" in der U-Bahn darstellen wollen, wie er sie auch selbst schon erlebt habe. Wagner will Jeannée auf Entschädigung nach Paragraf 6 Medienrecht klagen, wie auch "­Österreich" am Wochenende berichtete (Jeannée: "Ausgerechnet der Herr Fellner", also der "Österreich"-Herausgeber).

Bei der Polizei bestätigte man Montag vorerst nur, dass die Verdächtigen vorerst in U-Haft sitzen. Laut Wagner kann einer der vier gegen Kaution freigehen.

Zweiter Beschwerdefall beim Presserat: Jeannée beneidete die Franzosen um den fremdgehenden Präsidenten – gegenüber Homosexualität im Fußball. (fid, DER STANDARD, 14.1.2014)