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Eine akute Durchblutungsstörung der Herzkranzgefäße kann einen Myokardinfarkt nach sich ziehen.

Foto: Reuters/Jessica Rinaldi

Zwei seltene Genveränderungen können, wenn sie gemeinsam auftreten, eine Ursache für Herzinfarkt sein. Das fand ein internationales Forschungsteam bei der Untersuchung einer Großfamilie heraus, in der 23 Mitglieder einen Herzinfarkt erlitten hatten. Die Genmutationen wirken sich auf den Stickstoffmonoxid (NO)-Signaltransduktionsweg in Blutplättchen (Thrombozyten, Anm. Red.) aus. Dies führt zum vermehrten Verkleben der Thrombozyten (Thrombusbildung, Anmb. Red.) und damit zu einem dramatisch erhöhten Herzinfarktrisiko.

Die Forscher um Jeanette Erdmann vom Institut für Integrative und Experimentelle Genomik der Universität zu Lübeck und Christian Hengstenberg und Heribert Schunkert, vom Deutschen Herzzentrum in München fanden darüber hinaus eine ähnliche, aber in der Bevölkerung häufiger vorkommende Mutation, die ebenfalls das Herzinfarktrisiko erhöht, wenn auch in einem geringeren Maße. Über die Ergebnisse wird in der aktuellen Ausgabe von "Nature".

Erbliche Faktoren

Der Herzinfarkt zählt weltweit zu den häufigsten Todesursachen. Neben einem ungesunden Lebenswandel können auch erbliche Faktoren zur Entstehung der Erkrankung beitragen. Ein internationales Team von 42 Wissenschaftlern aus 36 Institutionen und sieben Ländern konnte nun die Ursache der Erkrankung in einer deutschen Großfamilie, die 23 Herzinfarktpatienten aufweist, aufklären.

"Während die meisten Herzinfarkte sporadisch auftreten, sehen wir selten Familien mit sehr vielen Betroffenen, in denen scheinbar ein klassischer (Mendelscher) Erbgang vorliegt. Die zugrundeliegenden genetischen Varianten sind meist unbekannt", erklärt Erdmann.

Die Forscher nutzten für ihre Untersuchungen das sogenannte Next-Generation Sequencing, eine Methode mit der sie mit höchster Präzision das Erbgut von Personen untersuchen und krankheits-verursachende genetische Veränderungen nachweisen können.

Beschleunigte Thrombusbildung

"Der für uns sehr überraschende Befund war, dass in dieser Familie nicht nur eine Mutation vorkommt, sondern gleich zwei, die zudem auch noch dasselbe Enzym betreffen. Wenn diese zusammen kommen, ist das Herzinfarktrisiko dramatisch erhöht", ergänzt Heribert Schunkert vom Deutschen Herzzentrum München.

Die Mutationen betreffen die zwei gemeinsam arbeitenden Gene GUCY1A3 und CCT7. Die Forscher vermuten, dass beiden Mutationen nur in dieser Familie zusammen vorkommen. Umfangreiche funktionelle Untersuchungen ergaben, dass die mutierten Proteine vor allem die stickstoffmonoxid-abhängige Ruhigstellung der Blutplättchen verhindern und deshalb zu einer beschleunigten Gerinnselbildung führen. Das kann zur Verstopfung der Herzkranzgefäße und in weiterer Folge zum Herzinfarkt führen.

Das Team konnte zudem zeigen, dass dieser Mechanismus nicht nur in dieser Familie eine wichtige Rolle spielt, sondern auch in der Bevölkerung vorkommt. Denn eine sehr häufige Variante im GUCY1A3–Gen erhöht hochsignifikant das Herzinfarktrisiko.

"Zusammengefasst konnten wir zeigen, dass es einen Zusammenhang zwischen der stickstoffmonoxid-abhängigen Hemmung der Thrombozytenaktivierung und dem Herzinfarktrisiko gibt", erläutert Christian Hengstenberg vom Deutschen Herzzentrum München.

Interagierende Genmutationen

Die Forscher zeigen zudem erstmalig, dass in Familien nicht nur nach einer krankheits-verursachenden Mutation gesucht werden sollte, sondern dass auch die Interaktion von zwei, möglicherweise auch mehreren, genetischen Veränderungen berücksichtigt werden muss. (red, derStandard.at, 11.11.2013)