Wien - Journalistinnen nutzen Social-Media-Angebote sehr intensiv, stehen den neuen Kommunikationstools zum Teil aber noch recht kritisch gegenüber. Das ergab eine Studie der Donau Uni Krems, die am 15. Journalistinnenkongress am Dienstag in Wien vorgestellt wurde. Knapp 60 Prozent der befragten Journalistinnen glauben demnach, dass die Qualität journalistischer Beiträge durch die Digitalisierung sowie Social Media abnimmt, wie Julia Juster vom Zentrum für Journalismus und Kommunikationsmanagement erläuterte.

Insgesamt wurden 300 Journalistinnen per Online-Fragebogen befragt. 91,9 Prozent gaben an, Social Media für ihre tägliche Arbeit zu nutzen, wobei großteils Recherche oder Themenfindung als Gründe angegeben wurden. Wenig überraschend werden bevorzugt Facebook, YouTube und Twitter genutzt. Mit 57 Prozent gab mehr als die Hälfte der Befragten an, sehr beziehungsweise eher aktiv in diesen Netzwerken unterwegs zu sein, die Diskussion dort also nicht nur zu verfolgen, sondern mitzugestalten. Ein Großteil beklagte allerdings die Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten im Social-Media-Bereich als unzureichend und gab das Motto "Learning by Doing" als vorherrschendes Konzept an. Eine intensivere Nutzung von Sozialen Netzwerken in ihrem künftigen Arbeitsleben sehen immerhin 95 Prozent der Befragten.

Ununterbrochener Nachrichtenfluss

Dem Hauptthema "Digitalisierung: Herausforderung und Chance" widmete sich auch die stellvertretende Sprecherin der deutschen Bundesregierung, Sabine Heimbach. "Die permanente Verfügbarkeit und gleichzeitige Disaggregation von Information wirkt sich nicht nur auf den Journalismus, sondern auch auf die Politik aus." Dementsprechend sei der Redaktionsschluss "als magische Grenze" passé, heute gebe es stattdessen einen ununterbrochenen Nachrichtenfluss. "Die Wahrnehmung der Politik hat sich verändert. Sie ist globaler, transparenter, beschleunigter geworden." Allerdings habe Politik oft auch eine "tiefere Dimension, als es zum Teil im Netz deutlich wird".

Schlagzeilen und Bilder

Tina Kulow von Facebook sprach wiederum über den Trend zur mobilen Internetnutzung, der auch maßgeblichen Einfluss auf den Journalismus habe. "Die Welt ist heute sozial und mobil." Durch die Mediennutzung unterwegs ändere sich auch die Wahrnehmung, sind doch oft nur ein Foto sowie eine Schlagzeile auf den ersten Blick sichtbar. Dass sei auch beim Verfassen von journalistischen Beiträgen zu beachten. "Die nächste Milliarde der Internetnutzer wird nie einen Computer benutzt haben", wagte Kulow auch einen Ausblick in die Zukunft.

Digitale Marke

Sich im Internet zur digitalen Marke zu machen, empfahl wiederum die freie Medienjournalistin Ulrike Langer. "Wichtig ist, dass Sie sich als Teil des Netzes begreifen", betonte die in Seattle ansässige Deutsche. "Greifen Sie doch lieber mal zu einem guten Blog als zu einer Zeitung." Blogs, Facebook- und Twitter-Profile würden nicht nur Aufmerksamkeit generieren, sondern auch festangestellten Journalistinnen die Möglichkeit bieten, sich in unsicheren Zeiten ein Stück weit vom Arbeitgeber unabhängig zu machen. "Springen Sie rein ins Abenteuer. Wenn Sie erst einmal angefangen haben, dann kommt der Rest von alleine."

Frauenberichterstattung oft nur am Rande

Mediaanalystin Maria Pernegger von der Agentur Media Affairs widmete sich mit einer Studienpräsentation dem "Nebenschauplatz Frauen". Ihr zufolge tritt Frauenberichterstattung nach wie vor oft "als klassische Randnotiz" in Erscheinung. Frauenzeitschriften wiederum würden neben Mode- oder Lifestyle-Themen oft gerade den Bereich Information sowie "eine gesellschaftskritische Auseinandersetzung mit der Rolle der Frau in der Gesellschaft" vernachlässigen. Onlinemedien würden diesbezüglich laut Pernegger eine große Chance bedeuten. "Frauen finden Wege, ihre Nachrichten und Forderungen zu kommunizieren, erreichen nur derzeit leider noch nicht die breite Masse." Als positives Beispiel hob sie etwa diestandard.at hervor. (APA, 5.11.2013)