Bei Energiestandards ist schon viel geschehen, sind sich Ingrid Felipe (Grüne) und Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (TS) einig.

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"Eine gemeinsame Bauordnung auf die Beine zu stellen ist nicht einfach." (Elisabeth Kaufmann-Bruckberger, TS)

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"Wir haben in Österreich keine vernünftige übergreifende Raumordnung zustande gebracht." (Ingrid Felipe, Grüne)

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Die Landesrätinnen Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (Team Stronach Niederösterreich) und Ingrid Felipe (Grüne Tirol) diskutierten über Klimaschutz, Raumordnung und Bauvorschriften, Gerfried Sperl moderierte.

STANDARD: "Belastung oder Zukunftschance" lautet der Titel der heutigen Veranstaltung. Welches von beiden trifft auf den Klimaschutz im Wohnbau zu?

Kaufmann-Bruckberger: Ich glaube, dass dieser Bereich auf jeden Fall eine Chance für die Zukunft ist. Wenn man Wohnhäuser von außen her dämmt und man innen in den Gebäuden die Technik richtig anwendet, dann sinkt der Energieverbrauch. Das ist der richtige Ansatz nicht nur für den Klimaschutz, sondern auch für die Bewohner, denen am Ende des Monats ein bisschen mehr im Börsel bleibt.

Felipe: Was ich aus den Vorträgen und Stellungnahmen an diesem Nachmittag entnommen habe, ist die Bauindustrie schon recht weit mit dem Klimaschutz. Es geht eigentlich nur noch um die letzte Meile im Sinne der Errichtung möglichst energiesparender Wohnbauten. Der nächste logische Schritt aber wird sein, bei der Planung besser zu werden, sodass man die Wohn- und auch die Mobilitätskosten reduzieren kann. Es gibt keine einfache Antwort auf stetig steigende Wohnkosten. Wir haben in Tirol eine hohe Lebensqualität und einen hohen Lebensstandard, und Grund und Boden werden auch nicht mehr. Man kann sich noch andere Dinge anschauen, etwa die Betriebskosten. Aber der nächste logische Schritt ist die Verdichtung des Wohnbaus und das clevere Planen von Verkehrswegen. Dort liegen die großen Potenziale und viel weniger bei der Dämmung und der Optimierung des Energieverbrauchs direkt im Bau.

STANDARD: Frau Kaufmann-Bruckberger: Ihr Parteichef Frank Stronach kritisiert gern vor allem die Missstände im System. Wo sehen Sie die Missstände im Bereich des Bauens?

Kaufmann-Bruckberger: Die Bauordnungen sind in jedem Bundesland anders, und das macht das Planen und Bauen oft äußerst unübersichtlich. Wir haben ja auch Projekte, die über die Landesgrenzen hinausgehen, so etwa den Hafen Enns zwischen Nieder- und Oberösterreich. Dort müssen dann zwei verschiedene Bauordnungen angewandt werden. Ein einheitliches Regelwerk wäre ein großer Vorteil, und das wird auch regelmäßig gefordert. Aber seien wir einmal ehrlich: Wir haben das nicht einmal im Jugendschutz geschafft. Eine gemeinsame Bauordnung auf die Beine zu stellen ist wirklich nicht einfach.

STANDARD: Und was würden Sie kraft Ihres politischen Amtes ändern wollen, Frau Felipe?

Felipe: Wir kritisieren vor allem die Raumordnung. Wir haben in Österreich keine vernünftige übergreifende Raumordnung zustande gebracht, da ist schon bei den Grundlagen ganz viel zu tun. Für die Bauordnung bin ich in der Landesregierung nicht zuständig. Da wurde einiges auf Schiene gebracht. Bauvorschriften wurden verändert, teilweise erleichtert. Wir haben versucht die Regeln zu entwirren und zu verschlanken, etwa auch bei der Brandschutzordnung. Das war nicht immer ausreichend, und am Ende war keiner wirklich zufrieden. Ich möchte noch auf etwas eingehen, was am Anfang Heimo Scheuch von Wienerberger aufgebracht hat. Er hat kritisiert, dass sich die Regeln immer wieder ändern. Es stimmt, die Berechenbarkeit der Regulierung ist immer eine große Herausforderung. "Worauf kann ich mich verlassen?" ist eine wichtige Frage. Aber es ist auch in der Politik notwendig, gewisse Anreize zu setzen, damit gewünschte Ziele erreicht werden. Und dann erst kann man das Resultat evaluieren und dann daraus seine Schlüsse ziehen und lernen. Wir müssen uns weiterentwickeln, und das hat Auswirkungen auf die Berechenbarkeit der Politik. Was ich aber auch sehe, dass man bei der Entwicklung gewisser Vorschriften einen weitreichenden Dialog mit allen Betroffenen führen muss. Aber Stillstand, den kann es nicht geben. (ef, DER STANDARD, 23.10.2013)