Bild nicht mehr verfügbar.

Im Auftrag zweier Erben: die Rechtsanwälte Stefan Nenning und Marc Weber sowie die Gutachter Georg Graf und Robert Jan van Pelt.

Foto: APA

Bild nicht mehr verfügbar.

34 Meter langer Bildzyklus: der "Beethovenfries" von Klimt in der Secession. 

Foto: APA

Wien - Wie eine Löwin, immer aber liebenswürdig, kämpfte Maria Altmann, die Enkelin des Zuckerbarons Ferdinand Bloch-Bauer, ab dem November 1998 um die Rückgabe der Goldenen Adele und weiterer Werke von Gustav Klimt, die ihrem Onkel bis 1938 gehört hatten. Unterstützt wurde sie nur von ihrem Anwalt E. Randol Schoenberg. Fünfeinhalb Jahre später, im Februar 2006, erhielt Maria Altmann, die 1940 in die USA geflohen war, die Bilder zurück.

Auch wenn damals manche den "Verlust" bedauerten und andere von einem "Fehlurteil" des angerufenen Schiedsgerichts sprachen: Im Fall Bloch-Bauer kämpfte ein Opfer mit offenem Visier um Gerechtigkeit. Maria Altmann zollte man hohen Respekt.

Nun geht es um ein weiteres zentrales Werk von Klimt: um den Beethovenfries aus 1902, einen 34 Meter langen Bildzyklus. Der arg ramponierte Fries wurde von der Republik nach dem Ankauf 1973 restauriert; um die ursprüngliche Situation nachzustellen, baute man 1985 im Keller der Secession einen eigenen Saal, der den konservatorischen Anforderungen entspricht. Das Monumentalgemälde gehörte einst dem Großindustriellen August Lederer, gestorben 1936, und später dessen Sohn Erich Lederer.

Man ging strategisch vor: Zunächst durfte die New York Times exklusiv über die Rückgabeforderung berichten. Das internationale Interesse war damit entfacht. Am Donnerstag folgte im Café Landtmann eine Pressekonferenz. Es drängten sich derart viele Journalisten und Adabeis in den Raum, dass ein Mann auf dem Podium, der Salzburger Rechtsgelehrte Georg Graf, gar nicht anders konnte, als ein Handyfoto zu schießen.

Eingeladen zur Pressekonferenz hatte eine Kommunikationsagentur, als "Gesprächspartner" standen vier Personen zur Verfügung: neben Graf der kanadische Universitätsprofessor Robert Jan van Pelt, ein Kunsthistoriker und Holocaust-Experte, sowie die Rechtsanwälte Marc Weber aus der Schweiz und Stefan Nenning. Von jenen, die den Fries zurückfordern, war niemand dabei. Und die Anwälte verschwiegen, wer ihre Auftraggeber sind.

Wie der Standard in Erfahrung brachte, gibt es insgesamt elf Erben. Lediglich zwei, die Brüder Ralf und Christian J., brachten die Restitutionsforderung ein. Der dritte Bruder beteiligte sich vorerst nicht. Gerüchteweise soll Ralf J., Jahrgang 1969, österreichischer Staatsbürger und im Filmgeschäft tätig sein. Er war telefonisch nicht erreichbar. Die weiteren acht Erben werden vom Wiener Anwalt Alfred Noll vertreten; sie wollen demnächst einen eigenen Rückgabeantrag einbringen.

Den Fall beschreibt Sophie Lillie in ihrem Handbuch Was einmal war über die enteigneten Kunstsammlungen Wiens. Die Lederers besaßen u. a. die größte private Klimt-Sammlung. In der NS-Zeit wurde die Familie enteignet und die Sammlung sichergestellt. 1944 lagerte man den größten Teil der Kunstwerke nach Schloss Immendorf aus, das von der abrückenden SS in Brand gesteckt wurde. Zehn Hauptwerke von Klimt, darunter die Fakultätsbilder Philosophie und Jurisprudenz, waren somit vernichtet.

Nach dem Krieg kam es zwar zur Rückstellung der verbliebenen Werke, auch des Frieses. Aber wie im Fall Rothschild presste man Erich Lederer als Gegenleistung für eine Ausfuhrgenehmigung die wertvollsten Werke ab, darunter Gentile Bellinis Kardinal Bessarion. Im Mai 1999, ein halbes Jahr nach Inkrafttreten des Rückgabegesetzes, wurde die Restitution in die Wege geleitet.

Keine Rückgabeempfehlung sprach der Beirat bezüglich des Beethovenfrieses aus. Denn dieser war 1973 "zu einem angemessenen Preis" , so die Argumentation, angekauft worden. Laut einem damaligen Gutachten sei der Fries 25 Millionen Schilling wert gewesen, Lederer erhielt 15 Millionen.

Republik agierte beschämend

2009 wurde das Gesetz novelliert. Seither sind auch Restitutionen möglich, wenn das Werk von der Republik erworben wurde. Bei einer Rückstellung muss aber der entrichtete Betrag nach heutigem Wert zurückbezahlt werden.

Neben zwei angeblich "unabhängigen" Rechtsgutachten legten die Erbenvertreter am Dienstag diverse Dokumente vor, die beweisen würden, dass der Verkauf 1973 "unter Zwang" erfolgte. Die Republik habe auch vor "Tricks nicht zurückgeschreckt".

In der Tat agierte die Republik beschämend. Aber auch Lederer dürfte kein einfacher Verhandler gewesen sein. Er wollte den Fries ausführen, bekam aber aufgrund des seit 1919 bestehenden Ausfuhrverbotsgesetzes keine Genehmigung.

In einem Brief von 1970 schreibt er, dass man ihn "in die Knie zwingen" wolle. Er "wäre sehr froh, wenn man mir endlich den nicht ausführbaren Fries abkaufen würde und den Gentile Bellini zurückgeben" würde.

Die Behauptung, dass Lederer gezwungen gewesen sei, an die Republik zu verkaufen, darf aber bezweifelt werden: Auch der Sammler Rudolf Leopold war ein potenter Käufer. Zudem scheint die Familie mit dem Verkauf 1973 durchaus zufrieden gewesen zu sein: 1985 schenkte Elisabeth Lederer der Republik 14 Studien zum Beethovenfries.

Die Kommission für Provenienzforschung wird sich mit dem Fall beschäftigen. (Thomas Trenkler, DER STANDARD, 18.10.2013)