Auch heuer stellt sich die Frage, aus welchem Hause der bessere Computerkick geliefert wird: EA oder Konami?

Foto: Konami / Electronic Arts

"FIFA" ist einsteigerfreundlicher, bietet ein umfassendes Lizenzpaket und eine breitere und besser entwickelte Wahl an Spielmodis an. Animationstechnisch hinkt man "Pro Evo" mittlerweile nach, die Auswirkungen taktischer Einstellungen oder Elemente wie "Teamchemie" sind oft kaum spürbar.

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"PES" kommt realem Fußball näher, trumpft mit taktisch tiefgreifenden Einstellungsmöglichkeiten auf und steht dank FOX-Engine auf einem technisch neuen Grundgerüst. Die größten Schwächen liegen dieses Jahr in der Regelauslegung der digitalen Schiris und dem nach wie vor grottigen User-Interface.

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Ähnlich wie in den Fußball-Ligen dieser Welt geht es auch in der Games-Welt jedes Jahr in einen neuen Meisterschaftskampf. Denn seit einem Jahrzehnt hat die "FIFA"-Reihe von EA Sports auf allen bedeutenden Plattformen Konkurrenz von Konamis "Pro Evolution Soccer". Auch heuer versprachen beide Titel, Sportfreunde mit allerlei Neuerungen vor den Bildschirm zu locken. Der GameStandard hat sich auf den Rasen getraut und den Vergleich angestellt.

Ausgangssituation: "FIFA 14"

EAs neuer Kick, "FIFA 14", hatte schon im Juni einen guten Eindruck hinterlassen. Neue Bewegungsabläufe anhand biomechanischer Muster sollten für realistischere Abläufe sorgen und etwa verhindern, dass die Fußballspieler aus dem Sprint heraus mit kürzestem Bremsweg die Richtung wechseln können. Damit sollen die Spieler zu vorausschauenderem Spiel bewegt werden. Dazu gesellen sich Nachbesserungen im Bereich der Mitspielerintelligenz, damit die Computergegner mit intelligenteren Laufwegen punkten können.

Die Überlegenheit mancher Superstars wurde entschärft. Klubmanager erhalten neue Scoutingmöglichkeiten. Das Steuerungstraining bietet außerdem neue Herausforderungen. Insgesamt war also mehr mit einem inkrementellen Update zu rechnen, denn richtungsweisenden Änderungen.

Ausgangssituation: "PES 2014"

Anders hingegen beim Konkurrenten. Konami stellte "Pro Evolution Soccer 2014" auf eine neue Grafikengine, "FOX", um (mit "IGNITE" passiert dies auch bei "FIFA", vorerst aber nur für die Xbox One und PS4-Version). Damit soll nicht nur der Look des Titels aufgefrischt werden, sondern auch die physikalischen Möglichkeiten in Konmbination mit der altbekannten Havok-Engine erweitert werden.

Ein großer Schritt, dem auch kleine Erweiterungen (etwa durch Vereinswechsel als Manager im Master League-Modus oder neue Steilpasskontrollen) zur Seite gesetzt werden.

Atmosphäre und Präsentation

Stadionatmosphäre zu schaffen, gehört seit je her zu den Stärken der "FIFA"-Serie und zu den schwächeren Punkten bei "PES". Das scheint Konami mittlerweile eingesehen zu haben und hat den Titel dahingehend spürbar aufgepeppt. Das Publikum reagiert dynamisch und teils lautstark auf Spielsituationen und agiert dabei meistens – aber nicht immer – nachvollziehbar. Auch beim Einmarsch der Kicker auf dem Feld vermag der Titel nun mehr zu überzeugen und wartet mit netten Schwenks und passend animierten Zuschauermassen auf.

Doch auch wenn ein ordentlicher Schritt nach vorne gelungen ist: das bessere Übertragungsfeeling liefert weiterhin "FIFA". Dort wurde praktisch nichts geändert, zumindest nichts, was wesentlich auffallen würde – sieht man von der Nennung von Referee und Torschützen durch den Stadionsprecher ab.

Bühne frei für FOX

Grafisch hat "PES" durch die FOX-Engine zugelegt, auch wenn es mitunter etwas an Details bei Stadien oder Spielern fehlt. Jene Spieler, die man in seinem Lizenzpaket unterbringen konnte, sind meist sehr gut abgebildet, nur bei manchen Gesichtern haben die Konami-Designer daneben gegriffen. "FIFA" bleibt grafisch bei bewährter Kost und hat ein paar Detailverbesserungen vorzuweisen, die nicht weiter auffallen. Das reicht allerdings, um subjektiv gesehen die Nase vorne zu behalten.

In Sachen Animationen läuft "Pro Evo" dem EA-Produkt allerdings den Rang ab. Wie versprochen, laufen, rutschen und fallen die Spieler so realistisch wie noch nie. Mit dem durchaus lobenswerten Effekt, dass man sich bei so mancher Blutgrätsche kurz fragt, wie schmerzhaft dies nun für den Gefoulten gewesen sein muss. Freilich macht auch "FIFA" mit seiner "Player Impact Engine" eine gute Figur, weswegen eine Einstufung als "schlechter" durchaus als Kritik auf hohem Niveau verstanden werden kann.

"Pro Evo" und die Retro-Menüführung

Weit weg vom hohem Niveau ist bei "Pro Evolution Soccer" leider die Menüführung. Hat EA die Navigation durch diverse Einstellungen und Spielmodi bereits eher mäßig gelöst, liefert Konami immer noch das Look-and-Feel der Jahrtausendwende.

Das ist insofern bitter, als dass insbesondere die taktisch tiefergehenden Einstellungen, die die Serie auszeichnen, eigentlich nach möglichst einfachen Lösungen in dieser Hinsicht verlangen. Dazu gesellen sich "Kleinigkeiten", wie die Unmöglichkeit, sich in Freundschaftsspielen bei einem Remis nach 90 Minuten spontan für eine Verlängerung oder Elfmeterschießen zu entscheiden. Denn dies muss vor dem Start der Partie in den Optionen dezidiert festgelegt werden. Dass es hier seit zumindest einem Jahrzehnt keine spürbare Weiterentwicklung gegeben hat, muss man schon fast als Verhöhnung der User interpretieren.

Komplex vs. einsteigerfreundlich

Wie im Fußball üblich, liegt die Wahrheit allerdings nicht in den Menüs, sondern hauptsächlich auf dem Platz. Dort trennen sich die Geschmäcker seit je her, was sich auch in dieser Saison wohl nicht ändern wird. "Pro Evo 2014" bleibt das tendenziell "langsamere" Spiel, dessen Partien in den meisten Fällen einem echten Fußballmatch näher kommen, als der "arcadiger" angelegte Kick von "FIFA 14" .

Umgekehrt ist der Titel von EA deutlich einsteigerfreundlicher und lässt sich, insbesondere dank allerlei zu- und abschaltbarer Hilfen leichter erlernen. Solche bietet auch "PES", jedoch in geringerem Umfang. Ein echtes Äquivalent zum "Tactical Defending" bei "FIFA" fehlt zum Beispiel. Wird alles auf "manuell" geschalten, ist "PES" eine Spur anspruchsvoller als sein Konkurrent, grundsätzlich bieten beide Games auf diese Weise aber eine fast völlig neue Spielerfahrung.

Überlegen ist "Pro Evo" weiter im taktischen Bereich, der mit vordefinierbaren, für einzelne Platzareale festlegbaren Spielzügen, die sich manuell triggern lassen, ausgebaut wurde. Darüberhinaus lassen sich Spielanlagen, Aufgaben und Taktik wie gehabt feintunen – mit spürbarem Effekt auf das Match. Dem kann "FIFA" nicht das Wasser reichen.

Nicht ganz regelkonform

Einen Schnitzer hat sich Konami allerdings bei der Umsetzung der Vorteilsregel erlaubt. Diese wird nur extrem selten und zufällig getriggert, oft werden vielversprechende Angriffe jedoch vorab zunichte gemacht. Und selbst wenn der Schiri weiterspielen lässt, folgt selbst bei letztlich fehlendem Vorteil kein Pfiff oder eine Verwarnung. Ein weiteres Problem: Es ist fast unmöglich, sich rutschenderweise den Ball zu angeln - derlei Attacken enden fast immer mit einem Foulpfiff, weil sich der eigene Spieler stets mit voller Verve in den Gegner wirft.

Passend dazu: Auch die Foul-Interpretationen der Unparteiischen sind oftmals nicht nachvollziehbar. Eine Grätsche von hinten in die Beine des sonst allein aufs Tor zulaufenden Stürmers wird zwar immer gepfiffen – ob der Übeltäter nun aber lediglich verwarnt wird, eine gelbe Karte erhält oder – regelkonform – vom Platz gestellt wird, folgt leider keinem erkennbaren Muster. "Das ist irre-regulär", wie es ein ehemaliger österreichischer Starkicker formulieren würde.

Die virtuellen Schiris im Sold von EA Sports agieren zwar auch längst nicht fehlerfrei, derartige Patzer treten aber viel seltener auf. Für Konami besteht hier deutlicher Nachbesserungsbedarf via Patch. Spaß machen trotzdem beide Spiele und geht man von einer Behebung der genannten Schiedsrichter-Ärgernisse aus, bleibt hauptsächlich die bereits erwähnte Geschmacksfrage übrig. In einem offiziell fertigen Spiel sollten derlei Schwächen aber eigentlich gar nicht erst vorhanden sein.

Lizenzfrage

Konamis Vorhaben, das Lizenzpaket kontinuierlich auszubauen, ist heuer etwas ins Stocken geraten. Zwar sind allerlei asiatische Teams neu im Programm, ebenso wie die dortige, kontinentale Champions League, dafür verlor man sämtliche spanischen Originalstadien sowie den Stadion-Editor. Letzteres ist vor allem für PC-Spieler relevant, denn dort lassen sich fehlende Lizenzen mit Fanpatches ausmerzen, wie sie das "PES-Edit"-Projekt realisiert. Schuld daran soll laut Konami übrigens EA sein.

Doch egal, wo die Ursache liegt: Spielt man "PES 2014" auf einer Konsole, wird man damit leben müssen, dass zahlreiche Klubs und Nationalmannschaften nicht mit ihren echten Namen, Spielern oder Trikots auflaufen. Die etwas seltsame Logik des Lizenzsystems offenbart sich auch beispielsweise darin, dass Robin van Persie beim britischen Star-Club Manchester United auch Robin van Persie heißt, in der niederländischen Länderelf aber nur mit einem Fantasienamen und anderem Antlitz existiert.

Nebenschauplätze

"FIFA" zieht aus seiner üppigen Lizenzsammlung aber auch andere Stärken, als die bloße Abbildung von echten Teams, Spielern und Stadien. Der geneigte Hobbykicker kann seinem Lieblingsklub und dessen aktuellen Resultaten folgen, seine Saison nachspielen und dabei auch an globalen Ranglisten mitwirken.

Der Managermodus erlaubt das Managen eines Vereins mit großem Fokus auf den Transfermarkt und die optimale Teamzusammenstellung. Dabei soll die Wahrung einer guten "Teamchemie" von größerer Bedeutung sein, als sich einen Kader aus lauter Superstars zu zimmern. Wirklich zu bemerken ist dies allerdings kaum. Hinzukommen "Be a Pro" und "Be a Goalkeeper", zwei Modi in welchen der Spieler sich als junger Kicker die Karriereleiter hinaufarbeiten und beweisen muss.

"PES" kontert mit der altbekannten "Master League", die nun auch Managern den Vereinswechsel gestattet. Insbesondere die peinvolle Menüführung entwertet diesen Modus nach wie vor. Ansonsten wird solide Kost für angehende Manager geliefert, die mit ihrem Lieblingsverein (sofern lizenztechnisch vorhanden) bzw. neuerdings auch auf nationaler Ebene nach Glanz und Ruhm greifen wollen. "FIFA 14" vermag hier weiterhin mehr zu bieten als "PES 2014". Vorhanden, in seiner Umsetzung aber nach wie vor eine trockene Angelegenheit ist die "Be a Pro"-Alternative "Become a Legend".

Fazit

Konami hat mit "PES 2014" einen großen Schritt gewagt, und das technische Grundgerüst des Spieles komplett ausgetauscht. Wenngleich den Entwicklern für diesen Schritt Lob gebührt, da die Fußballsimulation davon profitiert, ist auch Kritik angebracht. "PES" macht in seiner jüngsten Ausgabe durchaus Spaß, wirkt aber an manchen Stellen noch nicht ausgereift oder gar unfertig.

Da verwundert es leider nicht, dass aus Mangel an Entwicklungszeit die Implementation von Regen nicht mehr vorgenommen werden konnte und somit keine Schlechtwetterpartien gespielt werden können. Sicher, im Kern ist einiger Fortschritt gelungen, insgesamt scheint man sich aber zu viel für ein Jahr vorgenommen zu haben.

"FIFA" gewinnt

Auch wenn über Patches einige Mängel wohl behoben werden (können), entscheidet EAs "FIFA"-Reihe den diesjährigen Zweikampf recht klar für sich. Große Sprünge hat der Titel zwar nicht gemacht, die Summe an Weiterentwicklungen beschert den Spielern aber ein insgesamt sehr abgerundetes Paket.

Bleibt abzuwarten, wie EA die Aufgabe bewältigt, den virtuellen Kick auf neue Beine zu stellen. Gewissheit herrscht diesbezüglich aber erst dann, wenn "FIFA 14" auf Basis von IGNITE auf der PlayStation 4 und Xbox One landet (Georg Pichler, derStandard.at, 20.10.2013).