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Klaus Schweighofer: "Derzeit darf der ORF alles tun, und er will sogar noch mehr Werbemöglichkeiten ausschöpfen. Das ist zu korrigieren."

Foto: APA/HARALD SCHNEIDER

Wien - Der Verband Österreichischer Privatsender (VÖP) fordert von der künftigen Bundesregierung eine Erhöhung der Privatrundfunkförderung. "Der Privatrundfunkfonds sollte von derzeit 15 auf 30 Millionen Euro erhöht werden. Das ist unsere Hauptforderung, und das ist deshalb notwendig, weil sich das duale Rundfunksystem in Österreich in einem enormen Schiefstand befindet und völlig aus der Balance geraten ist", so VÖP-Vorstandsvorsitzender Klaus Schweighofer.

3,7 Millionen TV-Seher und 2,1 Millionen Radio-Hörer erreichen die privaten Rundfunkveranstalter pro Tag. "Das ist ein bedeutender Sektor geworden, einer der ganz wenigen Sektoren, der sich bei Umsatz und Reichweiten weiter entwickelt und zur Medienvielfalt in diesem Land beiträgt. Deshalb hoffen wir, dass sich die Medienpolitik für diesen Sektor auch einsetzt und ihn unterstützt", erklärt Schweighofer. Zugleich stellt der Branchenvertreter klar, dass privater Rundfunk unter normalen Umständen keine Förderungen brauchen würde.

Marktmacht

Den Grund für die abnormalen Umstände und das duale Systemversagen orten die Privatsender in der Marktmacht des öffentlich-rechtlichen ORF. "Der ORF bekommt Förderungen und hat uneingeschränkte und ungehemmte Werbemöglichkeiten", so Schweighofer. 600 Millionen Euro Gebührengelder gingen an den ORF, während es für die Privatrundfunkveranstalter 15 Millionen Euro Förderung gebe, und an die 300 Millionen Euro lukriere der ORF aus Werbemitteln - "so viel wie alle Privatsender zusammen".

Mit diesem Geld kaufe der ORF alles an Rechten zusammen, was Reichweiten bringt und teuer ist. Um ihre Kritik zu untermauern, haben die Privaten eine Erhebung in mehreren europäischen Ländern gemacht. Ergebnis: In anderen Ländern sind Top-Rechte an Spielfilmen, Serien und sportlichen Großereignissen auf öffentlich-rechtliche und private, meist sogar mehrere Sendergruppen verteilt. In Österreich lande hingegen so gut wie alles beim ORF und man muss lange suchen, bis man Top-Rechte bei den Privaten findet. Die Vampir-Saga "Twilight" und vorübergehend die Auswärtsspiele des Fußball-Nationalteams laufen etwa auf ATV, die Champions League auf Puls 4. "Der ORF hat so gut wie alle kommerziellen Rechte, weil er es sich leisten kann", so Schweighofer.

Plädoyer für werbefreien ORF in "drei bis fünf Jahren"

Mittelfristig gehe es nun darum "faire Bedingungen im Markt" herzustellen. Die Privatsender plädieren deshalb für einen werbefreien ORF. Schweighofer: "Derzeit darf der ORF alles tun, und er will sogar noch mehr Werbemöglichkeiten ausschöpfen. Das ist zu korrigieren. Es muss in Richtung eines Zurückdrängens der Werbung im ORF gehen und es braucht dafür einen Fahrplan. Dass das nicht von heute auf morgen geht, ist klar. Drei bis fünf Jahre - die Zeit muss man sich schon geben."

Dass der ORF, der gegenwärtig mit Sparzwängen und knappen Finanzmitteln kämpft, zu wenig Geld hat, glaubt der VÖP-Vorsitzende nicht. "Es ist genug Geld da. Der ORF muss sich nur entscheiden, wofür er es einsetzt." Dass der öffentlich-rechtliche Sender etwa rund 18 Millionen Euro für Imagekampagnen ausgebe, sei nicht notwendig. Daneben müsse der ORF nur die Liste der Erstausstrahlungsrechte von der Formel 1 über Olympia, dem Ski-Weltcup bis hin zu den Filmen und Serien durchforsten, um zu weiterem Sparpotenzial zu kommen. Eine Verlängerung der Gebührenrefundierung sei vor diesem Hintergrund nicht erforderlich, glaubt Schweighofer.

Wettbewerbsverzerrung mit Gebührenmitteln

Kritik übt der Privatsendervertreter und Styria-Vorstand auch an den Online-Aktivitäten des ORF. "Was der ORF de facto macht, ist eine Online-Zeitung, die massiv mit Gebührengeldern finanziert wird und auch noch Geld vom Werbemarkt absaugt. Das ist Wettbewerbsverzerrung mit Gebührenmitteln." Dabei sei man gar nicht gegen den ORF. "Der ORF ist enorm wichtig. Er kann nur nicht beides sein, gebühren- und werbefinanziert." In Sachen Haushaltsabgabe kann sich der VÖP sogar Unterstützung für den ORF vorstellen. "Wir sind beim Thema Haushaltsabgabe dabei, wenn die Grundbedingungen für einen fairen Markt stimmen und die Werbung beim privaten Rundfunk landet, der sich kommerziell finanziert."

Die Kritik des ORF, dass hinter heimischen Privatsendern internationale Medienkonzerne stünden, die in Kolonialoffiziersmentalität Werbegelder aus Österreich abschöpften, weist Schweighofer zurück. "Das ist peinlich und steht dem ORF nicht zu Gesicht. Jeder in Österreich lizenzierte Sender ist gleich zu behandeln. Wir sind seit 1995 in der EU. Wenn ich die paar Fetzen Europarecht richtig im Kopf habe, gibt es so etwas wie ein Diskriminierungsverbot. Der ORF reitet hier wilde Polemiken, die eher an populistische Anti-EU-Reden erinnern."

Adaptierungen

Neben der Frage des ORF wollen sich die Privatsender im Vorfeld der Regierungsverhandlungen aber auch für eine Reihe von Adaptierungen beim Privatradio- und Privatfernsehgesetz einsetzen. So sollten etwa bestehende Radiosender bei einer Neuausschreibung ihrer Lizenz einen leichten Startvorteil bekommen. Daneben soll die Einrichtung von Funkhäusern, wo Technik und Infrastruktur bei unterschiedlichen Inhalten und Programmen gemeinsam genutzt werden könnten, gesetzlich gestattet werden. Und wenn eine Sendergruppe über mehrere lokale Sendelizenzen bzw. -frequenzen verfügt, sollte die Möglichkeit geschaffen werden, diese zu einer größeren Lizenz bzw. Frequenz zusammenzufassen. Darüber hinaus wünschen sich die Privaten eine Digitalisierungsoffensive im Radiobereich. Bei lokalen TV-Sendern schlägt der VÖP unterdessen eine Lockerung der Werbebeschränkungen in Richtung PR-Berichterstattung aus. Dieses Forderungspaket soll laut Schweighofer eine "Liberalisierung und Entbürokratisierung" im Privatrundfunkbereich bringen. (APA, 3.10.2013)