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Wegen der geplanten Gemeindefusionen gehen vor der Wahl in der Steiermark die Wogen hoch: Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ), Landeshauptmann-Stellvertreter Hermann Schützenhöfer (ÖVP), Bürgermeister Otmar Hiebaum (ÖVP) und Bürgermeister Josef Lind (ÖVP) (v. li.).

Foto: apa/ots/friedrich jamnig

Otmar Hiebaum, ÖVP-Bürgermeister der Marktgemeinde Markt Hartmannsdorf und Sprecher der Steirischen Gemeindeinitiative mit 120 Mitgliedern, erklärt im Gespräch mit derStandard.at, weshalb ÖVP und SPÖ bei der Nationalratswahl nicht gewählt werden sollten, warum Gemeinden sich weigern, Wahlplakate für Rot und Schwarz aufzuhängen, und wie ein "Gegengemeindebund" in der Steiermark gegründet werden könnte.

derStandard.at: Mehr als 120 Gemeinden in der Steiermark haben sich der Gemeindeinitiative angeschlossen. Sie wehren sich gegen die Zusammenlegung der Gemeinden und drohen jetzt sogar mit Wahlkampfboykott. Das heißt, Sie würden keine Wahlplakate für Ihre Fraktion, die ÖVP, aufhängen?

Hiebaum: Das kann man genau so sehen. Momentan sagen viele Funktionäre, sie machen nicht mit, wenn unsere politischen Vertreter nicht mit uns auf Augenhöhe reden und mit uns nicht so umgehen, wie man mit erwachsenen Menschen umgeht. Derzeit wird keine Wahlwerbung betrieben. Wobei die Bundes-ÖVP nicht die richtige Adresse ist, aber das ist einfach unsere einzige und letzte Möglichkeit aufzubegehren, bevor der Landtag eventuell Zwangsfusionen beschließt. Die Bundes-ÖVP müsste auf die Landes-ÖVP einwirken. Aber auch die Bundesregierung war etwas säumig. Josef Pröll und Werner Faymann haben im Jahr 2008 im Regierungsübereinkommen die Bestandsgarantie für Gemeinden versprochen. Nur leider wurde das nicht umgesetzt.

derStandard.at: Bis jetzt haben Sie also keine Wahlkampfarbeit betrieben?

Hiebaum: Bei uns ist bis jetzt nichts passiert.

derStandard.at: Stoßen sich nur die Bürgermeister an den möglichen Gemeindezusammenlegungen oder auch die Bürger?

Hiebaum: Meine Gemeinde ist von der Zusammenlegung nicht betroffen. Ich handle aus Überzeugung. In den anderen Gemeinden formiert sich eine Bürgerinitiative nach der anderen. Das ist ein Thema der Bürger und nicht nur der Funktionäre, wie es fälschlicherweise von den beiden Reformpartnern kommuniziert wird.

derStandard.at: Sie sagen, Sie fühlen sich von Landeshauptmann Franz Voves und seinem Vize Hermann Schützenhöfer nicht wie erwachsene Menschen behandelt. Was meinen Sie damit?

Hiebaum: Wir werden einfach nicht ernst genommen. Wir werden hingehalten. Die Gemeindeinitiative lehnt die Fusionierungen nicht prinzipiell ab. Wir wollen aber als Bürger mitbestimmen können. Es soll Volksabstimmungen geben, auf Basis von objektiven Informationen. Dieses Recht wird uns und den Bürgern aber nicht zugestanden.

derStandard.at: Haben Sie mit Schützenhöfer schon über den im Raum stehenden Wahlkampfboykott gesprochen?

Hiebaum: Wir haben den Dialog gesucht. Er wurde aber nur sehr spärlich und zögerlich angekommen. Man war nicht bereit, ernsthaft zu verhandeln, jetzt werden wir das Gespräch nicht mehr suchen. Es gibt noch eine Klausurtagung der Gemeindeinitiative. Wir warten ab, was die Bürgermeister dann beschließen. Vielleicht gibt es auch noch ein Einlenken auf Bundesebene.

derStandard.at: Kommen zu diesem Treffen auch Voves und Schützenhöfer?

Hiebaum: Ich bitte gar schön. Was erwarten Sie sich? Natürlich nicht. Sie sind auch nicht eingeladen. Es hat keinen Sinn. Wir hatten Gespräche mit beiden Herrschaften. Sie haben keine Bereitschaft, sich zu bewegen. Sie beharren auf ihrem Plan.

derStandard.at: ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch hat mit der Gemeindeinitiative gesprochen. Was ist dabei herausgekommen?

Hiebaum: Wir wollten Generalsekretär Rauch die Stimmung in unseren Gemeinden vermitteln. Ich glaube, dass das gelungen ist. Er muss das nun mit den Entscheidungsträgern in der Bundes-ÖVP beraten.

derStandard.at: Es gibt ein Plakat Ihrer Initiative, darauf heißt es: "Keine Stimme für die Demokratieverweigerer SPÖ und ÖVP". Sie schlagen den Wählern also dezidiert vor, ÖVP und SPÖ nicht zu wählen?

Hiebaum: Wir werden die Wähler darum bitten, zur Wahl zu gehen und eine gültige Stimme abzugeben, und sie außerdem darum bitten, nach Möglichkeit diese beiden Parteien, SPÖ und ÖVP, nicht zu wählen.

derStandard.at: Sie sind ÖVP-Bürgermeister und sagen, man soll die ÖVP nicht wählen?

Hiebaum: Es ist ein Charakterzug der ÖVP-Wähler, dass man mit ihnen immer machen konnte, was man wollte. Vielleicht sagen sie nun einmal, dass ihnen das, was jetzt gerade passiert, nicht zusagt. Ich breche nicht mit der ÖVP. Es wird keine Politik für den kleinen Mann gemacht, sondern es wird elitäre Politik für die Eliteklasse gemacht.

derStandard.at: Fühlen Sie sich vom Gemeindebund ausreichend unterstützt?

Hiebaum: Gemeindebundpräsident Helmut Mödlhammer befürwortet nicht, wie das gemacht wird, ganz im Gegensatz zum steirischen Gemeindebundpräsidenten Erwin Dirnberger, der ja nur eine Marionette der Landesregierung ist. Es könnte sein, dass viele Gemeinden aus dem Gemeindebund austreten. Wir wollen eine schlagkräftige Vertretung haben, die die Interessen der Gemeinden vertritt, nicht jene der Landesregierung. Wir werden wahrscheinlich eine eigene Gemeindevertretung gründen.

derStandard.at: Abgesehen von den Gemeindezusammenlegungen. Gibt es sonst noch etwas an der Regierung Schützenhöfer-Voves zu kritisieren?

Hiebaum: Es heißt, es handelt sich um eine Reformpartnerschaft. Für mich ist es die Konkurspartnerschaft. Als Voves und Schützenhöfer 2005 in die Regierung kamen, hatte das Land eine Milliarde Euro Schulden. Jetzt haben wir fünf Milliarden Euro Schulden und 4,5 Milliarden Euro an Haftungen. Darin ist nicht mit einberechnet, dass Wohnbaudarlehen zum halben Wert verkauft wurden, aber auch Immobilien und Krankenhäuser. Die Performance ist katastrophal, sie haben nichts zustande gebracht.

derStandard.at: Sind Voves und Schützenhöfer rücktrittsreif?

Hiebaum: Es braucht Leute, die einen anderen Zugang zu den Themen haben. Vernünftige Leute, die auch einen Zugang zu den Leuten haben. Dann ist auch die ÖVP wieder wählbar. (Katrin Burgstaller, derStandard.at, 28.8.2013)