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Ungarns Premier Viktor Orbán ist bei ausländischen Banken nicht gerade der Beliebteste. Sollten auf Erste Bank und Raiffeisen International neue Belastungen zukommen, dürfte sich auch das Verhältnis zu Österreich eintrüben.

Foto: Reuters/Balogh

Wien - Das einzig krisensichere Geschäftsfeld in Ungarn sind derzeit die Schuldnerberatungen. Etwas mehr als eine halbe Million Häuslbauer haben ihre Kredite in Fremdwährungen, allen voran Franken und Euro, aufgenommen. Weil die Tilgungen in Forint laufen und die ungarische Landeswährung seit 2008 kontinuierlich schwächer geworden ist, sitzen zehntausende Familien in der Schuldenfalle: Jeder vierte Häuslbauerkredit wird nicht mehr bedient, bei Konsumentendarlehen, mit denen Fernseher und Kühlschränke gekauft wurden, sind die Zahlen noch horrender.

Die ungarische Regierung unter Premier Viktor Orbán bastelt an einem Gesetzespaket, mit dem sie den Schuldnern zu Hilfe kommen möchte. Am Mittwoch sollen erste Pläne vorgestellt werden.

Kosten für Devisenkursschwankungen

Konkret geht es offenbar um die Frage, wer die Kosten für die Devisenkursschwankungen tragen soll. Ungarische Medien berichten von mehreren Konzepten: So gibt es etwa die Überlegung, die durch die Kursschwankungen angehäuften Schulden zu dritteln - sie also zwischen Banken, Staat und Kunden aufzuteilen. Es geht um viel Geld: Allein die in Fremdwährungen begebenen Immobilienkredite belaufen sich auf zehn Milliarden Euro. Ein Drittel dieses Betrages soll sich aufgrund der Kursschwankungen angesammelt haben, auf die Banken könnten also Belastungen von etwas mehr als einer Milliarde Euro zukommen.

Die größten Brocken an Franken- und Eurokrediten liegen laut ungarischer Bankenaufsicht PSZAF bei den österreichischen Branchenführern, also Raiffeisen Bank International und Erste Bank. Beide lehnten eine Stellungnahme vor der offiziellen Präsentation der Maßnahmen ab. Doch ein Streit zwischen Instituten und der Regierung scheint programmiert. Die Stimmung ist ja seit Jahren angespannt. So hat Ungarn die Geldhäuser bereits mit einer im europäischen Vergleich hohen Bankensteuer belastet und in einem Teil der Fremdwährungsschuldner in einem ersten Schritt einen günstigen Umstieg auf Forint ermöglicht.

Die Regierung selbst hüllt sich noch in Schweigen. Wirtschaftsminister Mihály Varga bestätigte nur, dass an einer Lösung für die Schuldner gearbeitet wird. Das Problem gilt als dringlich, weil die ungarische Wirtschaft nicht zuletzt wegen der horrenden Verschuldung der Privathaushalte nicht vom Fleck kommt. Nachdem die Wirtschaft 2012 um 1,7 Prozent geschrumpft ist, prognostiziert das Wiener Osteuropainstitut WIIW für Ungarn 2013 eine Stagnation.

Kritische Beurteilung in Budapest

Analysten in Budapest beurteilen die geplanten Maßnahmen kritisch: "Für die Bevölkerung und ihre Kaufkraft wäre eine finanzielle Entlastung wichtig. Für die Banken könnte die Aktion aber überaus teuer werden, wodurch sie die Kreditvergabe drosseln müssten. Einige Institute werden zudem zusätzliches Kapital brauchen", sagt Levente Pápa von der OTP-Bank. Ähnlich argumentiert Sandor Richter vom WIIW: "Der Konsum würde durch ein Entlastungspaket sicherlich in Schwung kommen", meint der Ökonom, allerdings ist die Kreditvergabe in Ungarn seit Jahren rückläufig und eine neues Belastungspaket für die Banken würde die Kreditknappheit weiter verschärfen.

In Budapest brodelt die Gerüchteküche indes auch, weil die Regierung noch an einer Nebenfront aktiv werden dürfte: Anfang Juli hat das ungarische Höchstgericht eine Klausel in einem Fremdwährungsvertrag für nichtig erklärt, die es Banken erlaubt hatte, bei der Berechnung der Wechselkurse, den für sie günstigsten Preis anzuwenden. Das Urteil hat über den Einzelfall hinaus keine Wirkung, allerdings wird erwartet, dass solche Klauseln nun rückwirkend per Gesetz verboten werden, was die Banken ebenfalls Millionen kosten dürfte. (András Szigetvari, DER STANDARD, 23.7.2013)