In der Topografie des Nationalsozialismus wird Braunau stets einen festen Platz haben. Adolf Hitler wird immer in der Stadt am Inn geboren sein. Dieser Verantwortung muss sich Braunau, vor allem aber auch die Republik Österreich immer bewusst sein. Doch das "offizielle" Österreich scheint der braunen Historie am Inn mit erschreckender Gelassenheit zu begegnen.

Das kleine, gelbe Haus nahe der Braunauer Innenstadt ist eine tickende Zeitbombe. Ein "Kriegsrelikt", das gern einmal unkontrolliert in die Luft geht - und dann stets weltweit für Aufsehen sorgt. Doch das Innenministerium weigert sich beharrlich, entsprechende Maßnahmen zur Entschärfung der Situation zu setzen. Da duckt man sich lieber in Gefahrenzeiten und blättert weiter fleißig monatlich 5000 Euro an Miete hin - wohlgemerkt: für ein leerstehendes Haus.

Bewusst in Kauf genommen wird damit der Spekulationsraum, den man durch die konsequente Nichtnutzung geschaffen hat. Raum für teilweise völlig abstruse Ideen wie die Schaffung eines "echten Geburtshauses" oder die späten Rachegelüste eines Russen, der das Gebäude schleifen möchte. Braunau bleibt dadurch im Gespräch - als Geburtsort eines der schlimmsten Verbrecher der Weltgeschichte. Es ist an der Zeit, Verantwortung zu übernehmen - auch in Wien. Konzepte für eine entsprechend sensible Nutzung des "Hitler-Hauses" gibt es bereits. (Markus Rohrhofer, DER STANDARD, 25.6.2013)