Auch das Monster braucht ein Uni-Zeugnis: Der türkisblaue Faulpelz Sulley entspannt noch in der zweiten Reihe, während der giftgrüne Mike vorn schon die Antwort weiß. 

Foto: Disney Pixar

Wien - Sulley, ein gehörnter Riese mit blauem Fell und rosa Tupfen, und ein grünes, einäugiges, kaulquappenähnliches und, last, but not least, neunmalkluges Wesen namens Mike Wazowski - das sind zwei der originellsten Geschöpfe, die die kalifornische Animationsfilmschmiede Pixar je hervorgebracht hat. Ihr erstes Abenteuer, Monsters , Inc., liegt mehr als zehn Jahre zurück: Als Monster, die nächtens aus dem Schrank steigen, um Menschenkinder zu erschrecken, verdienen sie dort ihr Geld - die Angstschreie werden in Monstropolis industriell verarbeitet und als Energie gebraucht.

Mit Monsters University / Die Monster Uni kehren die beiden nun endlich ins Kino zurück, und nicht anders als ihre Real-life-Superheldenkollegen in Gummikostümen tun sie dies im Rahmen eines Prequels, das uns die Vorgeschichte, die Studienzeit der beiden späteren Freunde, näherbringt. Um in einer der ehrwürdigen Angstfabriken zu werken, benötigt es ein Diplom - der Schritt durch die Tür ins Kinderzimmer will gelernt sein. Zu ängstigen ist nicht zuletzt eine Frage der Effizienz: "We scare because we care", lautet das entsprechende Firmenmotto bei Monsters, Inc .

Anders als im ersten Teil, in dem mit charakteristisch hintergründigem Humor auch auf kapitalistische Firmenkulturen Bezug genommen wurde, dient nunmehr die College-Komödie als Folie für den Film. Mike und Sulley finden sich in der sozial breit ausgefächerten Campuswelt nicht in der gleichen Truppe: Während der pelzige Sulley die Füße auf den Tisch legt und auf seine angeborenen Schreiqualitäten vertraut, versucht der kleingewachsene Mike mit Ehrgeiz und Bücherstudium aufzuholen; zwei Wege, die aufgrund von Fehlverhalten allerdings schnell zum Rauswurf aus der ehrwürdigen Scare-Academy führen.

Nach dem ein wenig disneyesken Brave (Merida) steuert Regisseur Dan Scanlon mit diesem Film Pixar wieder zurück in die Unverwechselbarkeit. Diese zeigt sich allerdings weniger im Rückgriff auf genreübliche Versatzstücke - die Campus-eigenen "Scare Games" verhelfen Mike und Sulley zu einer zweiten Chance - als in der detailfreudigen und einfallsreichen Ausgestaltung der einzelnen Wettkampfdisziplinen. Als Mitglieder eines Teams, das sich aus lauter ausgemusterten Monstern zusammensetzt, müssen sich die beiden Egomanen erst einmal soziale Kompetenzen aneignen.

Unkonventionelles Gewusel

In einer originellen und für Pixar typisch humanistischen Umkehrung der Regel, dass immer nur die Stärksten gewinnen, erweisen sich Unkonventionalität und Spontaneität als die wirksamsten Mittel gegen Gegner, die den Mund voll nehmen. Technisch hat sich seit den Zeiten von Monsters, Inc. auch einiges getan. Damals galt es noch als Errungenschaft, das Fell von Sulley glaubwürdig animiert zu haben. Nunmehr herrscht auf dem Campus ein solches Gewusel, dass man bisweilen den Überblick zu verlieren zu droht. Die dynamischen Szenen stehen solchen aus Realfilmen kaum mehr nach.

Monsters University bewahrt sich dennoch so etwas wie Realitätssinn und vermittelt auf anrührende Weise die Einsicht, dass nicht für alle die gleichen Möglichkeiten offenstehen. In einer der schönsten Szenen des Films will sich Mike selbst beweisen, wie gut er Kinder in Angst zu versetzen vermag - diese finden den grünen Däumling jedoch bloß putzig. "Too cute" - das bedeutet hier aber nicht das Ende, sondern ist der Anfang von etwas Neuem. (Dominik Kamalzadeh, DER STANDARD, 18.6.2013)