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Szene aus "Beasts of the Southern Wild": Die junge Hushpuppy Doucet (Quvenzhané Wallis) findet einen ungewöhnlichen neuen Freund.

Foto: REUTERS/Fox Searchlight Pictures

Ausgezeichnet als bester Roman: "2312" von Kim Stanley Robinson.

Coverfoto: Heyne

San Jose - Es war fast abzusehen: Im vergangenen Jahr hatten die Mitglieder der Science Fiction and Fantasy Writers of America (SFWA) den renommierten Nebula Award für den besten Phantastik-Roman an ein Fantasy-Werk vergeben: Jo Waltons "Among Others" ("In einer anderen Welt", hier die Rezension).

Da roch es geradezu danach, dass beim heurigen SFWA-Treffen im kalifornischen San Jose wieder die Science Fiction zum Zuge kommen würde - umso mehr vielleicht sogar, weil sie sich unter den nominierten Werken heuer in der klaren Minderheitenrolle befand.

Die Welt in 300 Jahren

Gewonnen hat der US-amerikanische Hard-SF-Autor Kim Stanley Robinson mit "2312". Der Roman ist als umfassendes Panorama der Welt in 300 Jahren angelegt, aufgezogen anhand einer Liebesgeschichte und eines Politkrimis. In "2312" ist das Sonnensystem von seinen äußersten Rändern bis an die Verdampfungsgrenze um die Sonne herum nahezu komplett besiedelt.

Der vergleichsweise utopischen Gesellschaft der Weltraumkolonisten steht eine Erde gegenüber, die ihre ökologischen und sozialen Probleme nach wie vor nicht in den Griff bekommen hat. Hier auf derStandard.at ist der Roman allerdings als überfrachteter, an seinen eigenen Ansprüchen erstickter Langweiler durchgefallen - die Rezension finden Sie hier.

Potenzielle beste Romane

Für Robinson ist es nicht der erste derartige Preis: Auf dem Höhepunkt seines Schaffens hatte er sich mit der zwischen 1993 und 1996 veröffentlichten Trilogie "Red Mars" / "Green Mars" / "Blue Mars" befunden, die die Terraformierung unseres Nachbarplaneten schildert. Die Trilogie konnte insgesamt einen Nebula, zwei Hugos und eine Reihe weiterer Preise für sich verbuchen.

"2312" setzte sich also als einziges SF-Werk gegen eine Konkurrenz durch, die die verschiedensten Aspekte von Fantasy durchexerziert: "The Killing Moon" ist der Start einer neuen High-Fantasy-Reihe von N. K. Jemisin, die mit ihrer "Inheritance"-Trilogie um die "Erbin der Welt" auch auf Deutsch erfolgreich war. Weiters nominiert waren "Throne of the Crescent Moon" von Saladin Ahmed, das Fantasy im Stil von "Tausendundeiner Nacht" präsentiert, und Tina Connollys Feen-Geschichte "Ironskin".

Die heuer recht softe Auswahl ergänzten zwei Romane, die sich auf den Spuren von Jane Austen bewegen: "Glamour in Glass" von Mary Robinette Kowal, das in einem 19. Jahrhundert voller magischer Elemente handelt, sowie Kritiker-Darling "The Drowning Girl" von Caitlín R. Kiernan, das ähnlich wie im Jahr zuvor Jo Waltons "Among Others" offen lässt, ob seine Fantasy-Elemtente real oder nur eingebildet sind. Die Irin Kiernan war zugleich die einzige Nicht-Amerikanerin unter den Nominierten.

Bester Film

Einen weiteren Außenseitersieg setzte es in der Film-Kategorie. Außenseiter zumindest unter finanziellen Gesichtspunkten, Benh Zeitlins Billig-Produktion "Beasts of the Southern Wild" war heuer immerhin mehrfach Oscar-nominiert. Der Film erzählt im Stil des Magic Realism die Geschichte eines Mädchens, das in den Sümpfen Louisianas aufwächst und sich mit prähistorischen Fantasie-Tieren anfreundet, nachdem ihre kleine Gemeinde von einem Sturm verwüstet wurde.

Die beim Nebula - oder genauer gesagt dem im Rahmen der Nebulas vergebenen Ray Bradbury Award - ausgebootete Konkurrenz liest sich wie ein "Who Is Who" der Genre-Blockbuster: "The Avengers", "The Hunger Games"/"Die Tribute von Panem", "Looper", "John Carter" und "The Cabin in the Woods".

Literarische Kurzformate und weitere Preise

Der Nebula für die beste Novelle ging an "After the Fall, Before the Fall, During the Fall" von SF-Veteranin Nancy Kress, das aber auch als "Roman" erhältlich ist. In der Geschichte öffnet sich eine Zeitreise-Brücke zwischen unserer Gegenwart und der umweltverwüsteten Welt in zwei Jahrzehnten, in der die letzten überlebenden Menschen von Außerirdischen in einem abgeschlossenen Habitat eingesperrt wurden.

Zu besten Novellette wurde Andy Duncans "Close Encounters" über einen zum Skeptiker gewordenen ehemaligen UFO-Gläubigen gekürt; erschienen in Duncans Storysammlung "The Pottawatomie Giant & Other Stories". Beide PreisträgerInnen stammen aus den USA, wo auch die Kurzgeschichten-Siegerin Aliette de Bodard geboren wurde, die trotz französisch-vietnamesischer Herkunft in Englisch schreibt. Ihre Siegerstory "Immersion" überträgt die vieldiskutierte "Digitale Kluft" unserer Tage auf eine technologisch noch weiter fortgeschrittene Zukunft und ist hier zu lesen. 

Den "Damon Knight Memorial Grand Master Award" für sein Lebenswerk hatte bereits im Vorfeld der Nebula-Gala Gene Wolfe erhalten, der durch seine Reihen "Das Buch der Neuen Sonne" und "Das Buch der Langen Sonne" seit den 80er Jahren Kultstatus genießt. (Josefson, derStandard.at, 19. 5. 2013)