Die alljährliche Reise der STANDARD-Automobilisten in die Hügel des Collio, diesmal mit Cabrios für den fröhlichen Alltag. Es eröffnet ein Wiedergänger des Käfer Cabriolets

Bescheidenheit ist eine Zier, und wir leben gut mit und ohne ihr: Daher entschied sich das Mastermind der Automobilabteilung des Standard heuer für eine radikale Durchmischung – und blieb der Veranstaltung sicherheitshalber selbst fern. Offen, das war klar, aber klein und groß, stark und schwach, günstig und teurer.

Nach dem Prunk und Protz des vergangenen Jahres, als Aston Martins, Bentleys und weitere automobile Highlights wie der Flügeltürer-Mercedes auf den Hügeln des Collio die Klingen kreuzten, war heuer Leisertreten angesagt. Der Chef weilte ja in New York. Da kann man im Friaul ruhig die Vernunft walten lassen.

Schick und schön, auch schnell und wendig, das ließen wir uns aber auch heuer nicht nehmen: Sehr stilsicher führten wir diesmal aus: Das nostalgische Beetle-Cabriolet, den praktischen Opel Cascada, den ewig jungen Porsche Boxster und den zackig-scharfen BMW Z4.


Die Teilnehmer: VW Beetle Cabriolet, BMW Z4, Opel Cascada, Porsche Boxster.

Beim Beetle fallen erst einmal die vollen Radkappen im Retro-Chrom-Look auf. VW lässt nämlich mit einer Sonderedition die 50er-Jahre wieder aufleben, dazu passen schwarzes Leder, psychodelische Polkadots und klassische, enge Bluejeans: So reiste der Professore an. Übrigens der einzige Diesel in der Runde.

Ebenso gemächlich ging es Peter an: Der Mann hat einen Sinn für das Praktische, daher reiste er im Opel Cascada an. Großflächig umschiffte er das GTI-Treffen am Wörthersee, dennoch fand er uns. Er übernahm am Abend die Zustellfahrten zum Wirten, zu Marco, der in Prepotto die Enoteca da Mario betreibt. Eine alljährliche Fixstation, ein Ort der Einkehr und der Erfrischung. Ohne dem Testbericht etwas vorwegnehmen zu wollen: Vier Leute passen locker in den Cas cada, die Beinfreiheit ist vorn wie hinten beachtlich. Lediglich nach oben hin wird es eng. Sind das aber auch lange Passagiere!


Der Fuhrpark aus einer anderen Perspektive. Von hinten, um genau zu sein.

Der Porsche, oder auch Porsch, wieder die Italiener sagen, ist der Klassiker, der immer geht, gut geht, gut ausschaut. Mit diesem Auto kann man eigentlich nichts falsch machen, weder im Auftritt noch beim Fahren. Ein echt scharfes Teil, das sich aber auch als Alterswohnsitz eigenen würde, solange man rein- und rauskommt. Noch geht das mit würdiger Eleganz, aber irgendwie fragt man sich, ob der immer schon tief war.

Schärfer war nur der BMW. Der Z4 wurde uns in der tollen Motorisierung zur Verfügung gestellt, also 340 PS. Und alles, auch das Fahrwerk, ist auf Performance ausgelegt. Angesichts dieser Motorisierung ist der Grenzbereich rasch erreicht, und dort heißt es: Oha, Vorsicht. Sonst Abflug.

Das Testteam des Standard ging selbstverständlich mit größter Behutsamkeit zur Sache, keine Abflüge, nicht einmal ein Strafmandat wegen Falschparkens.


Knallharte Tester: Michael Völker, Armin Karner, Peter Urbanek, Rudi Skarics

Die vier vorgeführten Modelle stehen als Cabrios alle auch für Lebenslust, für das Vergnügen, für die Freude am schöneren Fahren: Wer offen fährt, der will sich und die Umgebung spüren, der will rausschauen, will aufnehmen, will geben.

Gerade diese vier Autos zeigen auch, dass Cabrios längst alltagstauglich sind, die gingen problemlos auch im Winter, erst recht natürlich der Z4, der sich ja kein Stoffdacherl drüberzieht, sondern eisern das feste Dach anschnallt.

Lesen Sie nun Teil eins unseres Ausflugs, haben Sie teil am Fahren und gedenken Sie der Wolke, die uns begleitet hat.

Seien wir doch ehrlich: So ein tolles Auto war der VW Käfer dann auch wieder nicht, aber er war unser einziges, und er hatte zweifellos Charme, was man etwa von einem Ford Taunus nicht unbedingt sagen konnte. Heute leben wir in einer Welt der prall gefüllten Verkaufslokale, die jedem Geschmack, Fitnessstatus und Börsl etwas bieten wollen. Beim Beetle ist es wohl auch der Charme, der zählt, denn ein bissl was vom Unpraktischen des Käfer hat er ja auch.

Foto: der standard/rudolf skarics

Der Kern seines Wesens ist, dass er nicht alle erdenklichen Bedürfnisse gleichzeitig erfüllen will. Vergiss Hornbach, vergiss Ikea. Der Beetle ist zuallererst ein klares Statement gegen die Selbstabholer-Gesellschaft und sohin auch gegen Geiz ist geil.

Foto: volkswagen

Natürlich spitzt sich das Wesen des Beetle beim Cabrio noch einmal zu. Obwohl er durch das Faltdach, das sich seinem Vorbild gemäß nicht ganz versenken lässt, mehr Kofferraum übrig lässt als viele andere Cabrios, zeigt er unmissverständlich, dass er für die Leichtigkeit der Mobilität spricht. Die Botschaft lautet: nicht nur von A nach B fahren, sondern vergnüglich cruisen.

Foto: volkswagen

Und damit sind wir schon bei der Motorisierung. In seiner großzügigen Art, wie er uns nicht jeden Wunsch erfüllt, ist er auch ein bisschen Porsche, also atmosphärisch, wenn man so drinnen sitzt und auf den Tacho schaut, aber ­total Anti-Porsche im Fahren.

Foto: der standard/rudolf skarics

Das Dieselmotörchen mit 105 PS gibt uns genug Kraft, ist kultiviert genug, um feinsinnig dahinzuschnüren, versetzt uns aber in keiner ­Sekunde in den Versuch, wohldosierte Dynamik durch forsche Bewegungen zu konterkarieren. Für die Geschwindigkeitsduelle mit tempomatisch fixierten 140 km/h auf der Autobahn reicht's allemal. So kommen wir auch mit rund sechs Liter Diesel durch, aber das ist nicht so wichtig.

Foto: volkswagen

Hervorzuheben ist die gnadenlos gute Verarbeitung, der gelungene Versuch, nicht nur ein originelles Äußeres, sondern auch ­atmosphärisch einen noblen Eindruck zu hinterlassen. Das ist der wahre Wert dieses Automobils: Du steigst aus deinem von schlampigen und unbilligen Ereignissen verkraterten Alltag aus und in eine wohlgeordnete heile Welt ein, in der alle Dinge an ihrem Platz sind und dort auch bleiben.

Foto: der standard/rudolf skarics

Natürlich findest du ein paar Punkte, die du gerne anders hättest. Luxusprobleme pur, könnte man sagen: Die Deckschicht des hübschen schwarzen Lacks ist so empfindlich, dass sich der Marder vor seinen nächtlichen Spaziergängen eigentlich die Zehennägel schneiden müsste. Das Drüberwursteln der Persenning macht anfangs Zores, ist aber erlernbar. Das Motorengeräusch ist auch bei offenem Dach aus dem Ohrenwinkel der Passagiere komplett dezent, erscheint aber aus der Schanigartenperspektive ganz schön grammelig.

Foto: volkswagen

Und weil man in kritischer Stimmung nicht auseinandergehen sollte, noch ein großes Extralob hinterdrein: Das Fahrwerk ist exzellent, angenehm gefedert und höchst präzise in allen Lebenslagen. (Rudi Skarics, DER STANDARD, 17.5.2013)

>>> Zweite Meinung

 

Foto: volkswagen

"Classico", rief die autobegeisterte Frau des Lieblingswirtes in Friaul beim Anblick des neuen Beetle-Cabrios. Das Cabrio der zweiten Generation erweckt Retrogefühle für eine Zeitreise. Sexy Heckpartie ohne darunter blubbernden Motor. Wie einst das Stoffdach unter einer Persenning mit Sichteinschränkung nach hinten, dafür mit neun Sekunden garantierter Öffnungszeit. Der Beetle ist zur Hälfte ein Golf, der satt auf der Straße liegt. Er will auch Sportler sein mit Heckspoiler, Stoppuhr am Armaturenbrett, abgeflachtem Lenkrad, dem Kennzeichen der Volkswagenfamilie. Vor allem aber ein bunter Vogel. (urb)

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