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Die EU-Kommission darf mit Drittstaaten verhandeln. Beim Zugang zu den Schließfächern gibt es noch viele Hürden.

Foto: Reuters/Bader

Seit Jahren lag der Versuch der EU-Kommission, die lückenhafte "EU-Zinsrichtlinie"  von 2003 auszuweiten und auf Schweiz, Liechtenstein, Monaco, Andorra und San Marino zu übertragen, auf Eis. Sie regelt nur den Umgang mit Zinsgewinnen, erfasst nicht andere Arten von Kapitalgewinnen, keine Firmen- und Treuhandkonstrukte. Nach der Beendigung der Blockade des Verhandlungsmandates durch Luxemburg und Österreich am Dienstag beim EU-Finanzministerrat soll es im Kampf gegen Steuerflucht über diskrete Konten und Firmenkonstruktionen in den Drittstaaten plötzlich ganz schnell gehen.

Noch vor dem Sommer wolle man die Verhandlungen mit den Drittstaaten aufnehmen, heißt es bei EU-Steuerkommissar Algirdas _0emeta. Ziel: Ein Abschluss möglichst noch heuer. Damit könnte es gelingen, den angestrebten "automatischen Austausch von Bankdaten"  (AIA) nicht nur in allen 27 EU-Ländern, sondern auch in den bei Anlegern beliebten Drittstaaten als Standard zu etablieren. Laut deutschem Finanzminister Wolfgang Schäuble brauchen Luxemburg und Österreich nun Zeit, "man soll denen nicht noch, wenn sie gerade dabei sind sich zu bewegen, ein Bein stellen" .

Die Verpflichtung zu umfassenden Kontrollmeldungen an Finanzämter der Wohnsitzländer von "Steuerausländern"  gibt es in der EU im Prinzip schon seit 2003. Nur hatten Österreich und Luxemburg eine Ausnahmeregelung. Die erlaubte es, eine Quellensteuer von 35 Prozent als Letztbesteuerung einzuheben und drei Viertel davon an die EU-Partner weiterzuliefern. Die Anleger bleiben anonym. Zumindest Österreich wird dieses System bis auf Weiteres auch beibehalten können, anders als Luxemburg, das Anfang 2015 von sich aus zum automatischen Datenaustausch mit den EU-Partnern übergehen wird. Aber die jüngsten Beschlüsse sind ein Dammbruch Richtung des EU-Zieles eines zwingenden AIA für alle. Es ist viel in Bewegung: Singapur gab Dienstag bekannt, dass es Datenaustausch nach OECD-Norm übernimmt.

Gelingt es der Kommission, die Schweiz, Liechtenstein und die drei weiteren Länder zu "knacken" , müsste am Ende auch Österreich zum automatischen Datentransfer übergehen. Dazu wäre es notwendig, das per Verfassungsmehrheit abgesicherte Bankgeheimnis  – zumindest – für alle Steuerausländer (inkl. Österreicher im Ausland) aufzuheben.

Schweiz und Co am Zug

Aber so weit ist es noch lange nicht. Zunächst einmal hängt viel davon ab, zu welchen Schritten die Schweiz und Co bereit sind. Die meisten Experten halten die zeitlichen Erwartungen der EU-Kommission für völlig überzogen. Jedes Verhandlungsergebnis müsse im Finanzministerrat einstimmige Zustimmung bekommen. Es gibt also auch in Zukunft Veto- und Blockademöglichkeiten. Vor allem aber hat Österreich laut Finanzministerin Maria Fekter die Verhandlungen mit den Drittstaaten an drei Bedingungen geknüpft, die zu erfüllen sind, bevor Wien seine Zustimmung gibt.

Die Drittstaaten müssen "gleichwertigen"  Datenaustausch wie EU-Staaten akzeptieren, nach den "Zielen"  von OECD und G-20. Sie müssten – gemäß einer geplanten neuen EU-Zinsrichtlinie – auch Daten über Stiftungen und Treuhandkonstruktionen herausrücken, damit man an die Eigentümer der Gelder herankomme. Drittens gelte für Wien: Die Quellensteuerabkommen Österreichs mit der Schweiz und Liechtenstein über anonyme Konten müsse in Geltung bleiben. Allein aus der Abgeltung soll eine Milliarde Euro ins Budget fließen. Fekter zeigte sich zufrieden, dass drei Bedingungen der Regierung in Protokollen bestätigt wurden.

Leicht wird es die Kommission mit Drittstaaten auch nicht haben, weil die EU-Länder uneinig sind: Die geplante Ausweitung der Zinsrichtlinie wurde vertagt. Das quittierte Steuerkommissar  _0emeta mit "großer Enttäuschung.(Thomas Mayer, DER STANDARD, 15.5.2013)