Bild nicht mehr verfügbar.

Pens bringen Insulin in den Körper. Im Design werden "Kundenbedürfnisse" berücksichtigt. Manche Pens sehen wie Füllfedern aus, ältere Menschen tun sich mit dem "Eieruhr"-Design leichter.

Unter Diabetikern gibt es einen Code: "Bist du eins oder zwei?" ist eine entscheidende Frage. Was für Uneingeweihte wie ein Geheimnis klingt, bezeichnet den Typ ihrer Erkrankung. Etwa fünf Prozent aller Zuckerkranken sind Typ-1-Diabetiker, die das Hormon Insulin zum Überleben brauchen, weil ihre Bauchspeicheldrüse Insulin nicht selbst produzieren kann. Bei Typ-2-Diabetikern gibt es Restfunktionen. Bewegung, Ernährungsumstellung und orale Medikamenten helfen eine Zeit lang, doch im Verlauf der Erkrankungen kommen auch viele von ihnen nicht mehr ohne zusätzliches Insulin aus.

Waren es früher noch klassische Spritzen mit langen, dicken Stahlnadeln, die nach jeder Injektion aufwändig sterilisiert werden mussten, sind es heute modern gestylte Pens, mit deren Hilfe Insulin injiziert wird. Die meisten Pens erinnern eher an Schreibgeräte denn an medizinische Hilfsmittel. Jedenfalls werden sie zu ständigen Begleitern, die Wahl des individuell passenden Geräts ist insofern eine wichtige Entscheidung.

Vorgefertigt oder wiederbefüllbar

So viel vorneweg: Drei Firmen teilen sich den heimischen Insulinmarkt auf: Novo Nordisk, Eli Lilly und Sanofi-Aventis. Den größten Marktanteil hat dabei der dänische Pharmakonzern Novo Nordisk mit etwa 70 Prozent. Es gibt grundsätzlich zwei Arten von Pens: vorgefertigte Einmal-Produkte und wiederbefüllbare Pens, die alle mit 3-ml-Patronen " nachgeladen" werden können.

Es versteht sich von selbst, dass die Hersteller von Insulin auch selbst Pens produzieren und deshalb Patienten Wirkstoff und Gerät gemeinsam liefern wollen. Insulinversorgung aus einem Guss könnte man sagen, zumindest gelten die meisten Garantieerklärungen für Pens nur dann, wenn das passende Insulin dazu verwendet wurde. In der Praxis hat sich jedoch gezeigt, dass Patronen der Firmen Lilly und Sanofi-Aventis auch in die Pens des jeweils anderen passen. Nur Patronen der Firma Novo Nordisk können ausschließlich mit deren Pens verwendet werden.

Keine Beschränkungen gibt es hingegen bei den heute hauchdünnen (0,8 mm) Pennadeln, mit denen das Insulin subkutan, also nur unter die Haut, gespritzt wird. Egal von welchem Hersteller können sie dank eines einheitlichen Prinzips auf jedem Pen zum Einsatz kommen.

Falsches Sparen

Pennadeln sind als Einmal-Produkte konzipiert, kommen aber in der Praxis wesentlich öfter als einmal zum Einsatz. Davor warnt Elsa Pernetzky, Wiener Obfrau der Österreichischen Diabetiker-Vereinigung. Als diplomierte Krankenschwester spricht sie aus Erfahrung: "Diese Nadeln sind beschichtet und so dünn, dass sich die Spitze mit jedem Gebrauch etwas verformt. Wir wissen, dass viele Diabetiker die Nadeln so lange verwenden, bis es wehtut. Das ist nicht vernünftig", sagt sie, zwei- oder dreimal könne man aber schon die gleiche Nadel verwenden.

Genauso wichtig wie der regelmäßige Tausch der Nadeln ist die Kontrolle des Ampulleninhalts, denn im Lauf der Verwendung entstehen in den Glaszylindern Luftblasen. Sie sollten nicht injiziert, sondern vorher aus der Patrone durch eine Leerinjektion in die Luft entfernt werden. Insulin-Anfängern wird in Schulungen auch beigebracht, die Injektionsstelle zuerst zu desinfizieren, bei "alten Hasen" ruft das aber nur ein müdes Lächeln hervor. So sorgte der ORF-Sportreporter Sigi Bergmann vor einigen Jahren für großes Aufsehen, als er sich live in der Sendung sein Insulin durch die Bluejean applizierte. "Das war natürlich ein Unsinn, weil da auch Fasern ins Gewebe kommen können, aber ich wollte demonstrieren, wie einfach es heute ist, Insulin zu spritzen", sagt er retrospektiv.

Die meisten modernen Insulin-Pens schauen aus wie Füllfedern, mit einer Ausnahme: InnoLet, ein Gerät von Novo Nordisk (siehe Abbildung links) erinnert stark an eine Eieruhr. Der Grund für dieses außergewöhnliche Design: Der Pen wurde für Patienten mit eingeschränktem Sehvermögen, reduzierter Feinmotorik oder kognitiven Beeinträchtigungen entwickelt. Das große Display und die klar erkennbaren Zahlen ermöglichen eine einfache Einstellung der Dosis. Dank breiter Fixierauflage ist auch eine höhere Stabilität bei der Injektion gewährleistet, und der Druckknopf ist extrem leichtgängig und lässt sich mit geringem Kraftaufwand drücken. Zwar gilt letzteres Benutzungsmerkmal mittlerweile für alle Geräte, allerdings hat das "Eieruhr"-Design gerade bei älteren Patienten einen starken Wiedererkennungseffekt und unterstützt das intuitive Erlernen der Handhabung.

Mit Gedächtnis

Die neuesten Ergebnisse der Produktentwicklung sind "Pens mit Hirn". Im Mai bringt Novo Nordisk den Novo Pen 5 nach Österreich, für Kinder hat das dänische Pharmaunternehmen einen eigenen Pen mit Gedächtnis entwickelt. Der große Vorteil: Diabetiker haben zu jedem Zeitpunkt den Überblick, wann genau sie ihre letzte Dosis Insulin gespritzt haben - auf einem kleinen Display werden die entsprechenden Daten angezeigt.

Pionier in Sachen Pen mit Gehirn war übrigens Eli Lilly mit dem Memoir-Pen vor einigen Jahren, allerdings ließ die Batterieperformance dieses Geräts damals zu wünschen übrig. Eli Lillys neue Pen-Generation heißt Savvio und wird im Laufe des Jahres auch mit einer Memoryfunktion auf den österreichischen Markt kommen - bemerkenswert dabei: Eli Lilly hat das Werkzeug für Diabetiker als wirkliches Lifestyleprodukt in sechs bunten Pastellfarben gestaltet.

Wichtig ist auch die Kostenfrage. Insulin in vorgefüllten Dosen - sogenannte Prefill-Produkte - gelten als Medikament und werden von den Krankenkassen erstattet. Die wiederbefüllbaren Pens - die sogenannten Refills - werden als Werkzeuge betrachtet und nur alle zwei Jahre finanziert; oft müssen Diabetiker selbst dazuzahlen. Allerdings: Pharmafirmen verwenden die Pens oft auch als Marketinginstrument und geben sie kostenlos ab - um Patienten auf ihre Produkte einzuschwören. Im Endeffekt ist die Wahl des richtigen Werkzeugs wichtig, um die Insulingabe zu sichern und Diabetes-Spätfolgen zu vermeiden. Ausschlaggebend für den "richtigen Pen" sind persönliche Kriterien und die fachkundige Beratung durch Spezialisten. Wer weiß, wie viel Insulin die eigene Bauchspeicheldrüse noch selbst produziert und durch Schulungen in den Umgang mit der Erkrankung eingeweiht ist, kann selbstbestimmt agieren. (Peter P. Hopfinger, DER STANDARD, 8.4.2013)