Ein in den 1950er-Jahren erbautes Luxushotel in Beira, Mosambik, ...

Foto: Serendipity Films

... hat inzwischen neue Bewohner: Lotte Stoops' "Grande Hotel" sieht sich bei ihnen um.

Foto: Serendipity Films

Wien - Ein Hotelgebäude als Mikrokosmos. Aber statt zahlender Gäste, die für ein paar Tage bleiben, gibt es hier Bewohner, die sich schon seit Jahrzehnten eingerichtet haben. Statt auf die (längst verschwundene) Infrastruktur des Hotels müssen sie auf sehr viel Improvisationsgeist setzen. In Gängen und Hallen haben sich kleine Gewerbe eingerichtet. Aus Zimmern und Suiten sind Wohnungen für Familien geworden.

Das Hotel steht am Strand von Beira in Mosambik. Lotte Stoops' Dokumentarfilm Grande Hotel von 2010, der nun in Wien ins Kino kommt, breitet die ungewöhnliche Geschichte des Gebäudes als vielstimmige Erzählung aus. Darin steckt auch ein Stück politischer Geschichte von Mosambik: Der ostafrikanische Staat war 1955, als das Hotel eröffnet wurde, noch eine portugiesische Kolonie. In den 1960er-Jahren organisierte sich der Widerstand. Das Hotel war aber in erster Linie aus wirtschaftlichen Gründen nicht zu halten. Schon 1962 wurde die schmucklose, aber imposante Anlage am Meer wieder geschlossen.

Während des Bürgerkriegs quartierten sich Kämpfer ein, erst nach Ende des Kriegs begannen Wohnungslose nach und nach, die Zimmer, Flure und Treppenhäuser zu adaptieren. Zum Zeitpunkt der Dreharbeiten von Grande Hotel ist das Gelände, für das sich niemand recht zuständig fühlt, Heimat für rund 2500 Menschen. Die flämische Filmemacherin macht mit einigen von ihnen bekannt. Moises etwa, der heute mit Frau und Kindern hier lebt, weiß von seinem Vater zu berichten, der einst noch als Gast stets das Zimmer Nummer sechs bewohnte und die Hotelküche zu schätzen wusste.

Zu den Kamerastreifzügen durch das desolate Riesengebäude montiert Stoops jedoch auch andere, ferne Stimmen, die die unterschiedlichsten Erinnerungen an die Glanzzeit des Hotels haben, welche auch auf sparsam eingesetzten Archivaufnahmen anschaulich wird. Die Zukunft der heutigen Bewohner ist am Ende ungewiss.   (Isabella Reicher, DER STANDARD,  5.4.2013)