Bild nicht mehr verfügbar.

Ob man gut oder böse ist, entscheidet sich, wenn man 16 wird: Bei Gegenspielerin Ridley (Emmy Rossum) steht das Ergebnis fest.

Foto: AP / Warner

Wien - Wer als Jugendlicher heute Bücher von Kurt Vonnegut und William S. Burroughs liest, muss sich nicht zu wundern, wenn er als Außenseiter abgestempelt wird. Als Abendlektüre ist Vonneguts vom Zweiten Weltkrieg beeinflusster Sciencefiction-Roman Slaughterhouse 5 auch nicht zu empfehlen; sonst kann es passieren, dass man wie Ethan (Aldan Ehrenreich) im Traum auf ein Schlachtfeld und dort einer mysteriösen dunkelhaarigen Schönheit in die Arme läuft.

Ethan lebt in einer Kleinstadt in South Carolina, wo nichts passiert, bis die bibelfesten Bewohner ihren historischen Bürgerkriegskampf gegen die Nordstaaten nachinszenieren. Dann wird der Krieg zum Volksfest; mit jener Form von Zeitreise, die Vonnegut seinen Helden durchleben lässt, hat das nichts zu tun. Aber für Ethan, der sich die Uniform überstreift, kommt es bei diesem Spektakel, auf das der Film hinausläuft, zum entscheidenden Duell - und das kleine persönliche und das große historische Drama werden endgültig ununterscheidbar.

Denn das, wovon Ethan zu Beginn nur träumen kann, wird wahr: Lena (Alice Englert), eine neue Mitschülerin mit geheimnisvoller Tätowierung am Handgelenk, stellt sich vor. Das Gatter vor dem Herrenhaus, in dem sie sich vor der Außenwelt abschirmt, stellt für den Frischverliebten kein Hindernis dar, sehr wohl aber die magischen Kräfte von Lenas Onkels. Jeremy Irons spielt den undurchsichtigen Aufpasser der verwaisten kleinen Hexe mit weltmännischem Charme.

Wovor Lena, abgesehen von ihrem triebgesteuerten Verehrer, eigentlich beschützt werden soll, ist einerseits lange Zeit nicht klar, spielt für die Erzählung andererseits aber auch keine große Rolle. Beautiful Creatures, basierend auf der mehrteiligen Bestseller-Serie Caster Chronicles, will ohnehin in erster Linie als melancholisch angehauchtes Liebesdrama zweier Einzelgänger verstanden werden. Das interessiert die an den Teenie-Blockbustern Twilight und Hunger Games geschulte Zielgruppe nämlich mehr als irgendwelche schwer verständlichen familiären Schuld- und Sühnetaten.

Das Ergebnis dieses vorauseilenden Marketing-Gehorsams ist ein dröge sich dahinschleppender Film, mit dem Regisseur Richard LaGravanese - bekannt durch Liebesfilme wie The Mirror Has Two Faces - leider viel zu selten das Fahrwasser der reaktionären Twilight-Serie verlässt: Eine der wenigen Ausnahmen ist ein erstklassiger Auftritt von Emma Thompson als christlich-fundamentalistische Hasspredigerin.

Der Kampf der modernen Hexen, Vampire und Zauberlehrlinge richtete sich in den vergangenen Jahren gegen sich selbst, und auch in Beautiful Creatures gilt es, das eigene Anderssein zu akzeptieren. Die jugendliche Liebe muss einmal mehr als Vorwand für gesellschaftliche Anpassung herhalten, das Ziel bleibt: bedingungslose Konformität.   (Michael Pekler, DER STANDARD, 4.4.2013)