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Innenminister Manuel Valls macht Rechtsradikale für die Randale bei den Protesten gegen Homo-Ehe verantwortlich.

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Das französische Gesetz über die Zulassung der Homo-Ehe und Adoption ist an sich unter Dach und Fach, doch die Gegner mobilisieren weiter. Am Sonntag organisierten sie in Paris eine neue Kundgebung. Die Polizei zählte 300.000 Demonstranten, die Veranstalterin Frigide Barjot hingegen 1,4 Millionen.

Allein schon diese Zahlen gaben am Montag Anlass zur Polemik. Bei einem ersten Umzug im Jänner im bürgerlichen Westteil der französischen Hauptstadt war die Polizei auf 340.000 Teilnehmer gekommen, die Organisation auf knapp eine Million. Wie auch immer sprachen die meisten Pariser Medien, darunter auch die linksliberale Zeitung Le Monde, von einem Erfolg der Operation; viele Beobachter hatten zuvor mit einem Abflauen der Bewegung gerechnet.

Krawalle von Vermummten

Überschattet wurde die Monsterveranstaltung beim Pariser Triumphbogen von Krawallen. Vermummte versuchten einen Polizeikordon zu durchbrechen, um auf die Champs-Élysées zu strömen, obwohl die Präfektur die Prachtavenue für die Demonstration verboten hatte. Die Polizei setzte Tränengas ein und nahm 98 Demonstranten fest, von denen am Montag noch ein halbes Dutzend in Haft war.

Die christdemokratische Exministerin und Kundgebungsteilnehmerin Christine Boutin erklärte, bei dem harten Polizeieinsatz seien auch Kinder überrannt worden, und verlangt den Rücktritt von Innenminister Manuel Valls. Dieser kontert, "Rechtsextremisten" hätten Randale gemacht und mit Schraubenwürfen dreißig Polizisten leicht verletzt.

Die Zusammenstöße mit der Polizei zeugen von einem zunehmend gespannten Klima rund um die Frage der Homo-Ehe: Laut Umfragen bleibt eine Mehrheit von 60 Prozent der Franzosen für die "mariage pour tous" (Ehe für alle). 58 Prozent sind allerdings laut einer neusten Erhebung gegen das Recht gleichgeschlechtlicher Paare auf Adoption. Die Debatte steht dabei fast Kopf: An der "manif pour tous" (wörtlich: Demo für alle) waren bürgerliche Politiker zu sehen, die sonst gerne verlangen, eine Regierung dürfe sich keinesfalls dem Druck der Straße beugen; umgekehrt reduzierten kundgebungsfreudige Vertreter der Rot-Grün-Koalition die Demonstration auf eine "Handvoll Extremisten", wie Minister Arnaud Montebourg erklärte.

Angst vor Revolte

Boutin verlangt nun eine Volksbefragung über die Homo-Ehe. Präsident François Holland müsse das Gesetz zurückziehen und eine Urnenabstimmung ansetzen, meinte sie, um zu drohen: "Wenn Sie das Volk Frankreichs nicht erhören, wird es zur Revolte greifen." Justizministerin Christiane Taubira erklärte dagegen, eine Volksabstimmung zu einer solche Frage sei von der Verfassung nicht vorgesehen. Hollande dürfte sich am Donnerstag in einem Fernsehauftritt zur Frage der Homo-Ehe äußern. (Stefan Brändle, DER STANDARD, 26.3.2013)