Der Aufbau eines vollständigen Grafik-Stacks mit Mir / Unity Next.

Grafik: Canonical

Im Vorfeld des - ab sofort nur mehr online abgehaltenen - Ubuntu Developer Summit hat Canonical eine zentrale Entscheidung für die künftige Softwarebasis von Ubuntu verkündet - und diese darf getrost in die Kategorie "kontrovers" eingereiht werden. So sollen kommende Unity-Versionen nicht nur, wie aufgrund der aktuellen Ubuntu-Phone-Ankündigungen schon anzunehmen war, auf Qt/QML setzen, zusätzlich soll mit "Mir" auch ein vollständig neu entwickelter Display-Server zum Einsatz kommen.

Mir

Dieser soll das bisher im Unix/Linux-Bereich dominierende X ablösen und auf allen Gerätetypen bis hinab zu Ubuntu Phone zum Einsatz kommen. Noch im Herbst 2010 hatte sich Ubuntu-Gründer Mark Shuttleworth auf Wayland als X-Nachfolger festgelegt, ohne dass Canonical allerdings anschließend relevante Ressourcen in die Entwicklung investiert hätte. Nun geht man einmal mehr eigene Wege, der jetzt veröffentlichte Code steht also wieder unter einem Copyright Assignment, das Canonical zusätzliche Rechte sichert.

Aufbau

Ein Blick auf den Wiki-Eintrag zu Mir verrät, dass es konzeptionell sehr ähnlich zu Wayland aufgebaut ist aber von Haus aus nicht kompatibel. In dem Beitrag verweist Canonical darauf, dass Wayland die eigenen Anforderungen nicht vollständig erfülle, wieso man sich lieber zu einer separaten Implementation entschlossen habe. Zudem werden einige angebliche Defizite von Wayland herausgestrichen, die mehrere prominente Linux-Entwickler aus verschiedenen Projekten in einer Google+-Diskussion allerdings mit wenig freundlichen Worten entschieden zurückweisen - "was Canonical auch wissen würde, wenn man nur einmal mit uns geredet hätte", wie es ein Wayland-Entwickler formuliert.

Umsetzung

Mir soll jedenfalls die Nutzung von Android-Treibern ermöglichen und stark auf EGL/GLES setzen. Bestehende Softwarelösungen meint man relativ einfach anpassen zu können, allen voran die diversen Toolkits. Qt5 soll hier den Anfang machen, danach GTK3 und andere Lösungen folgen. Auch bestehende Fenstermanager sollen sich laut den Vorstellungen von Canonical relativ einfach anspassen lassen. Hier hofft man wohl nicht zuletzt von der Vorarbeit der Wayland-Entwickler profitieren zu können.

Unity Next

Gleichzeitig gibt es erste Pläne zur nächsten Generation der Ubuntu-Oberfläche "Unity Next". Eine zeitliche Koinzidenz, die natürlich nicht ganz zufällig ist, soll Mir hier doch eine zentrale Rolle einnehmen. Unity wird in diesem Zug vollständig neu geschrieben, über Mir kommt dabei Qt/QML zum Einsatz.

Umbau

Ziel ist es eine gemeinsame Code-Basis vom Desktop bis zum Smartphone zu zu haben. Das bestehende Desktop-Unity verwendet derzeit unter anderem Nux, GTK+ und diverse GNOME-Technologien, bei Ubuntu Phone hingegen bedient man sich des aus dem Android-Umfeld bekannten "SurfaceFlinger". All dies soll nun abgelöst werden.

Roadmap

Der Zeitplan sieht vor, dass es bereits im Mai erste funktionstüchtige Versionen von Mir und Unity Next geben soll. Bis zum April 2014 soll dieser Wechsel vollständig abgeschlossen werden, so die Hoffnung von Canonical. (apo, derStandard.at, 05.03.13)