Bild nicht mehr verfügbar.

Mühe geben sich die Darsteller und Barbara Obermeier (als pinkverliebte Elle Woods): Das Stück, "Natürlich blond", bleibt jedoch schwach.

foto: APA/ALINA PARIGGER

Gesungen und gespielt wird bestenfalls passabel.

Wien - Musikgeistige Überforderung war selten eines jener Probleme, mit denen sich ein Musical-Besucher der Vereinigten Bühnen Wien quälen musste. Kaum jemals kam es jedoch vor, dass während einer Aufführung das Bedauern aufkam, nebst Wintermantel nicht auch Hirn und Ohr bei der Garderobe abgegeben zu haben.

Natürlich blond gibt zwar vor, ein heiter-ironisches Spiel mit Klischees zu treiben, eine Art Entwicklungs-Musical zu sein, bei dem sich eine blonde Frau - nach der Zurückweisung durch ihre Jugendliebe - schrill zu ihrem wahren Ich durchkämpft. Es ist das Stück von O' Keefe/Benjamin/Hach in der deutschsprachigen Version jedoch ein Klischees derb aufblähendes Gesamtkunstwerk des Trivialen.

Die Musik ist scheinbar vielgestaltig: Da ist Disco-Soul der 1970er (man denkt an Sister Sledge); da sind Reggae und dezenter Jazz (für den Professor, also Alexander Goebel, der sich selten über das Sprechgesangliche hinauswagt und überroutiniert wirkt). Auch lateinamerikanische Rhythmen werden herangekarrt, überdies irischer Folk, 1960er-Soul und Schlager-Balladen, denen die Texte den letzten Banalitätsschliff verleihen. 

Das klingt nach schillernder Vielfalt. Tatsächlich jedoch ist da viel Musik ohne Musik, deren gesangliche Teile starke Symptome von Geschwätzigkeit aufweisen. In der Umsetzung erinnert das Ganze zudem an jene Tourneeproduktionen, denen sich die Vereinigten Bühnen so überlegen fühlen. Fitnessballett und an Cheerleader-Ästhetik angelehnte Choreografien wirken jedoch nur reisebereit billig, auch wenn sich die Darsteller redlich ins Zeug legen. Der Rest ist aufdringliches Product-Placement, hüpfende Hündchen, theatral auf Maturafeierniveau zur Schau gestellte Körperpartien (Regisseur und Choreograf Jerry Mitchell) und eine Blondine, die sich "Puhbärchen" und "Schnuckel" nennen lässt.

Auch sagt sie "Liebe akzeptiert kein Nein" oder "Shoppen für Männer ist toll" und verfügt über ein Empfehlungsschreiben von Schwarzenegger, als sie sich für Harvard bewirbt, um ihren Schnösel-Ex wiederzugewinnen (vokal unsicher Hendrik Schall). Ihre Elle-Woods-Aufgabe löst Barbara Obermeier immerhin respektabel.

Weites: Das tapfere Ensemble hat in Jörg Neubauer einen eher blassen Blondine-Freund Emmett; mehr vokale Präsenz versprüht Ana Milva Gomes (als Paulette), solide das Orchester unter Loen Schoots. Kurzum: Intendant Christian Struppeck könnte Probleme bekommen, das Ronacher mit diesem Stürmchen im Musicalglas langfristig zu füllen. Der heftige Szenen- und Schlussapplaus ist kein Gradmesser. Er klang zum Teil verdächtig cheerleadermäßig. (Ljubiša Tošic, DER STANDARD, 23./24.2.2013)