Khan Adalat, Muhammad Numan und Di-Tutu Bukasa (vorne, von links) machten am Mittwoch bei einer Pressekonferenz noch einmal auf die prekäre Situation von Asylsuchenden in Österreich aufmerksam.

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Die Flüchtlinge protestieren seit Wochen für strukturelle Veränderungen und campieren dafür in der Votivkirche.

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Der Hungerstreik wurde vorerst für zehn Tage unterbrochen.

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"Die Kälte kriecht einem nach kurzer Zeit bis in die Knochen", sagte eine Unterstützerin des Protests am Rande der Pressekonferenz.

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Die Flüchtlinge in der Wiener Votivkirche wollen am 1. Februar ihren Hungerstreik wieder aufnehmen, falls es kein Entgegenkommen der Politik gibt. Sie verlangen strukturelle Änderungen im Asylwesen, darunter eine Arbeitserlaubnis während des Asylverfahrens. "Diese Menschen sind in dieses Land gekommen, um zu leben, nicht um zu sterben", sagte der Jurist Di-Tutu Bukasa bei der Pressekonferenz zur Unterbrechung des einmonatigen Hungerstreiks am Mittwoch.

Demo und Solidaritätskonzert

"Wir wollen die Gesellschaft nicht beschuldigen, wir wollen Veränderung", sagte Khan Adalat, einer der Flüchtlinge. Ihm sei klar sei, dass Österreich ein gutes Bildungs-, Arbeits- und Sozialsystem habe. Er appellierte an die Bevölkerung: "Wir wollen euer System nicht stören. Aber ich bitte euch: Helft uns."

Gelegenheit zu Solidaritätsbekundungen gebe es zum Beispiel Samstagmittag bei einer Demonstration vor der Votivkirche und bei einem Solidaritätskonzert am 30. Jänner im Wiener WUK. 

"Wir sprechen erstmals für uns selbst"

Von einem historischen Moment sprach Marissa Lobo. Sie habe selbst Migrationserfahrung und unterstütze daher die Forderungen der Flüchtlinge: "Erstmals sprechen wir Migranten für uns selbst." Das sei eine einmalige Chance, von der österreichischen Bevölkerung anders wahrgenommen zu werden. "Wir existieren, wir sind sichtbar", sagte Muhammad Numan, einer der Hungerstreikenden, zu den Journalisten in der Votivkirche.

Innenministerin lehnt Arbeitserlaubnis nach sechs Monaten ab

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) wiederholte unterdessen, dass es keine strukturellen Änderungen am Asylsystem geben wird. Auch die von Asyl- und Menschenrechtsorganisationen und SPÖ-Klubchef Josef Cap vorgeschlagene Arbeitserlaubnis für Asylwerber nach sechs Monaten lehnte sie ab.

Während anerkannte Flüchtlinge nach Abschluss ihres Asylverfahrens in Österreich arbeiten dürfen, besteht für Asylwerber auch bei langer Verfahrensdauer de facto Arbeitsverbot. Das Ausländerbeschäftigungsgesetz würde ihnen zwar nach drei Monaten eine Beschäftigungsbewilligung und damit legale Arbeit zugestehen. Per Erlass des Wirtschaftsministeriums wurde das aber auf Saisonnier-Tätigkeiten als Erntehelfer und im Tourismus eingeschränkt.

Auch Willi Resetarits, Ehrenvorsitzender des Integrationshauses, kritisierte den Status quo. Da Asylverfahren oft jahrelang dauerten, führe die Langzeitarbeitslosigkeit häufig zu Depressionen und Lethargie, die Asylwerber würden zudem ihre Expertise verlieren.

Korun kritisiert Umgang mit pakistanischen Flüchtlingen

Die grüne Menschenrechtssprecherin Alev Korun erklärte am Mittwoch in einer Aussendung, dass die Menschen in der Votivkirche Mängel im österreichischen Asylsystem aufzeigen würden. So erhielten aus Pakistan geflüchtete Menschen derzeit kaum Schutz vor Verfolgung.

"Ich darf daran erinnern, Pakistan ist jenes Land, in dem vor kurzem die Taliban der 14-jährigen Malala Yousafzai in den Kopf geschossen haben, nur weil sie in die Schule gehen wollte", schrieb Korun. Dass Menschen, die vor den Taliban fliehen, kein Asyl bekommen, sei ein Teil des Problems in der Votivkirche. (Julia Schilly, derStandard.at, 23.1.2013)