Bundeskanzler Faymann.

Foto: ORF/Hans Leitner

"Noch Herr Vizekanzler" Spindelegger.

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Eine kleine Schrecksekunde gab es, als ein älterer Herr schwärmte, wie viele Frauen er während seiner Präsenzzeit glücklich gemacht hatte. Wie sich herausstellte, hatte er aber neben seiner Verpflichtung als Soldat nur Prospekte für Schnäppchen im Supermarkt verteilt. Die Diskussion am Dienstagabend im ORF-Bürgerforum blieb von solchen Skurrilitäten nicht ganz verschont, war im Wesentlichen aber flott, bewegt und sogar spannend.

Das Format hat sich bei der Themenstellung "Wehrpflicht oder Berufsheer" bewährt, es kamen ausreichend Vertreter des "Volkes" zu Wort, Gegner wie Befürworter - und Peter Resetarits führte weitgehend souverän durch die Sendung. Für den kleinen Verheber, als er Michael Spindelegger als "Herr Bundeskanzler" ansprach, bedankte sich dieser sofort: "Noch Herr Vizekanzler." 

Aufwärmphase

Für viele dann doch überraschend: wie souverän der Kanzler auftrat. Werner Faymann brauchte eine kurze Aufwärmphase, in der er die überraschend aggressiven Attacken des Vizekanzlers einordnen konnte, dann fand er aber zu guter Form. Pointiert, am Punkt, in der Sache präzise. Der Mann kann auch reden und überzeugen. Gerade in der SPÖ werden sich viele fragen, warum er das nur so selten tut. Stünde Faymann in der Debatte über die Wehrpflicht öfter zur Verfügung, wäre die Stimmungslage vielleicht nicht so knapp.

Der joviale Ton und das amikale Du, mit dem sich Spindelegger an Faymann wandte, schienen unpassend, das mögen auch manche im Publikum als Anbiederung empfunden haben. Insgesamt war dieses Bürgerforum nicht die Riesen-Zeitverschwendung, wie man das von anderen Diskussionsformaten des ORF gewohnt ist. (Michael Völker, DER STANDARD, 10.1.2013)