Paris/London - Aus Protest gegen Israels Pläne zum Ausbau der jüdischen Siedlungen in den besetzten palästinensischen Gebieten haben Frankreich, Großbritannien und Schweden die Botschafter des Landes vorgeladen. Das britische Außenministerium erklärte am Montag, die Entscheidung zum Bau 3.000 neuer Wohnungen östlich von Jerusalem gefährde die Zwei-Staaten-Lösung. Österreich, Deutschland und Russland verurteilten die Pläne.

"Wir verurteilen diesen Beschluss und erachten ihn als kontraproduktiv", sagte der Sprecher von Außenminister Michael Spindelegger (VP), Alexander Schallenberg, am Montag. Israel solle die UNO-Abstimmung zu Palästina als "Momentum" und als "Chance" auffassen. Österreich hatte sich am Donnerstag für die Aufwertung des palästinensischen Status bei der UNO und damit die Anerkennung als UNO-Beobachterstaat ausgesprochen.

"Starke Reaktion"

Das britische Außenministerium teilte mit, Israels Botschafter in London, Daniel Taub, sei zu dem für den Nahen Osten zuständigen Außenstaatssekretär Alistair Burt zitiert worden. Die britische Regierung bedauere die Entscheidung zum Ausbau der Siedlungen und fordere Israel auf, sie zurückzunehmen, hieß es in einer Erklärung. Das Außenministerium hatte zuvor mit einer "starken Reaktion" gedroht, sollte Israel nicht einlenken.

Auch in Paris wurde Israels Botschafter Yossi Gal einberufen. Nachdem das Außenministerium erklärt hatte, auch andere Möglichkeiten zu erwägen, um seine "Missbilligung" der Siedlungsplänen zum Ausdruck zu bringen, wurde spekuliert, dass Frankreich und Großbritannien ihre eigenen Botschafter aus Israel abziehen könnten. Ein Diplomat in London sagte, die Abberufung des Botschafters sei eine Option, doch sei noch keine Entscheidung gefallen.

Berlin forderte eine Aufgabe der Pläne, da diese das Vertrauen in Israels Verhandlungsbereitschaft untergrüben. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte Israel ebenso wie Russland zum Verzicht auf das Projekt auf.

"Beinahe tödlicher Schlag"

UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon erklärte am Sonntag, der Bau der Wohnungen wäre ein "beinahe tödlicher Schlag" für den Frieden mit den Palästinensern. "Siedlungen sind nach internationalem Recht illegal", betonte Ban. Sollte das Bauvorhaben realisiert werden, wäre es fast der Todesstoß für die "letzten Chancen" für eine Zwei-Staaten-Lösung. Er sei von Israels Ankündigung tief enttäuscht, erklärte Ban.

Der israelische Regierungschef Benjamin Netanyahu hatte am Sonntag im Hinblick auf die Aufwertung des Beobachterstatus der Palästinenser bei den Vereinten Nationen gesagt, seine Regierung werde als Reaktion auf den "Angriff gegen den Zionismus und gegen den Staat Israel" 3.000 weitere Wohnungen im Westjordanland und in Ost-Jerusalem bauen.

Das Bauvorhaben bezieht sich insbesondere auf das besonders sensible Gebiet zwischen Jerusalem und der Siedlung Maale Adumin. Eine Anbindung von Maale Adumin an die jüdischen Siedlungen in Ost-Jerusalem würde tief in das Westjordanland hineinreichen.

Zudem will das Land die Zahlungen an die Autonomiebehörde im Westjordanland in diesem Monat aussetzen. Die Behörde schulde unter anderen dem Energieversorger Israel Electric eine Summe von 200 Millionen Dollar, sagte Finanzminister Juval Steinitz am Sonntag. Israel nimmt für die Palästinenser etwa 100 Millionen Dollar monatlich an Steuern ein und leitet sie weiter. Die Behörde ist auf diese Einnahmen angewiesen, um ihre Mitarbeiter zu bezahlen. Der palästinensische Politiker Yasser Abed Rabbo warf Israel Piraterie und Diebstahl vor.

Bei der Vorladung von israelischen Botschaftern in die Außenministerien mehrerer europäischer Hauptstädte handelt es sich offenbar nicht um ein abgestimmtes Vorgehen innerhalb der EU. Eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton sagte am Montag in Brüssel, sie könne ein solches Vorgehen nicht bestätigen. "Derzeit werden die Konsultationen über unsere nächsten Schritte fortgesetzt", sagte sie. Über das weitere Vorgehen der EU im Nahost-Konflikt sollen die EU-Außenminister am 10. Dezember in Brüssel beraten. (APA, 3.12.2012)