Klassiker aus der Blütezeit: Dodge Charger von 1969. Auch so eine Ikone amerikanischen Automobildesigns.

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Amerika hat das Automobil zwar nicht erfunden, dafür aber die "Automobilität", philosophiert Paolo Tumminelli im Vorwort seines neuestes Werkes, eines im wahrsten Sinne des Wortes Nachschlagewerkes über automobile Chromjuwelen. "Individuelle Mobilität mag für die Europäer Luxus, Unterhaltung oder gar Störung sein, für das jungfräuliche Amerika war es lebenswichtig." In "Car Design America" behandelt der Kulturwissenschaftler, Architektur-, Design- und Marketing-Experte Mythen, Marken und Menschen der transkontinentalen Automobilbranche.

Ob die Flossen-Cadillacs der 1950er, die Muscle Cars der 1970er oder die Sport Utility Vehicles nach der Jahrtausendwende, amerikanisches Automobildesign ist vor allem für seine Exzesse bekannt. Wenn man jedoch die gesamte Entwicklung betrachtet, ändert sich das Bild: Denn erst Amerika hat das kreative und strategische Potenzial des Designs erkannt und ein System von Produkten - Marken, Modellen, Versionen - kreiert, das weltweit Maßstäbe setzte.

Unverzichtbares Kompendium

Der bombastische Harley Earl und der extravagante Raymond Loewy schufen Designikonen. Legenden wie Corvette, Mustang oder Thunderbird setzten Standards. Nach "Car Design Europe" zeichnet Tumminelli die Entwicklung der globalen Automobilgeschichte als Kulturgeschichte nach - von den Streamliner-Experimenten der 1930er bis zur jüngsten Wiederauferstehung der Industrie - und stellt verblüffende Bezüge zu gesellschaftlichen Entwicklungen her. Die Chronik folgt den Entwicklungen durch die Jahrzehnte.

Mit über 400 Originalbildern aus den Archiven ist "Car Design America" unverzichtbar für Autoenthusiasten. Mit Verve und Witz umschreibt Tumminelli "Mainstreamline, Populook, Body Building, Rocket Rolls, Mod Baroque, Kandy Cars, Hit Fit" und betreibt sehr charmant "Newstalgia". (Gregor Auenhammer, DER STANDARD, 5.10.2012)