Goyas Herbstkollektion 1792: Pumps der Marquise de Santa Cruz, Mariana Waldstein. Detailfoto: Lois Lammerhuber.

Foto: Lois Lammerhuber/Edition Lammerhuber

Dass die holde Weiblichkeit nicht erst im 20. Jahrhundert dem Fetisch des Schuhes verfallen ist, belegt eine opulente Publikation, die auf den Fuß und dessen Bekleidung im Lauf der Jahrhunderte fokussiert. Was Carrie, Samantha & Co in Sex & the City ihre Manolos sind, waren Marquisen, Prinzessinnen und Hofdamen ihr fragiles Schuhwerk. Das dekuvrieren Beispiele aus der Kunstgeschichte. Raphael, Ingres oder Goya waren gewiss keine Schuhdesigner, jedoch die berühmtesten Maler in der Geschichte legten Wert auf detailverliebte Darstellungen der Kleidung - speziell der Schuhe. Durch ihre Gemälde entstand ein Archiv von 600 Jahren Modegeschichte; zwischen 1280 und 1863. Ein Blick in die Sammlung des Pariser Louvre gewärtigt, welches Erotikon der Fuß aus männlicher Perspektive und was die sinnliche Bekleidung aus weiblicher Sicht zu bieten hat.

Kunstfertige Verzierung, Grobschlächtigkeit, Feinheit und Fragilität oder aber auch das Fehlen von Schuhen sagt etwas aus über Berufs- oder Familienstand, über Reichtum, Armut sowie Intimität.

Der Exzentrik eines fragmentarischen Blickes auf "geköpfte Personen" - reduziert nur auf Beine und Füße - frönte Lois Lammerhuber mit der Kamera. In einer Art "Fragmentierung der Kunst" fokussierte der heuer 60-jährige Fotokünstler auf die Ästhetik der Schuhe. Beschuht verrät der Fuß auf den Fotos des Bildbands - der vierten Kollaboration des Louvre mit Maître Lammerhuber - Ungeahntes über die Menschen auf den kunsthistorischen Gemälden. Die Ausschnitte stehen nicht nur als Kunstwerk für sich, sondern sind auch als Stilstudie und als Exkurs in die Sozialgeschichte zu lesen.

Ergebnis der Expedition durch die Säle des Louvre ist eine Huldigung an die "Extremität der Extremitäten", wie Georges Bataille den Fuß einst nannte. Auf den Pfaden der Menschheit lustwandelt Lammerhuber, begleitet von "Madame Louvre" Catherine Bélanger und Schriftstellerin Margo Glantz. Famos, welch tänzelnde Leichtigkeit oder von des Lebens Schwere betroffener Schritt im Detail zutage tritt. Stellt sich die Frage, was die einzig logische Nachfolge-Publikation sein kann, nein, sein muss? - Richtig, ein Buch über Taschen! (Gregor Auenhammer, Album, DER STANDARD, 15./16.9.2012)