Von der ersten bis zur letzten Sekunde ist unser Gehirn aktiv und kann Neues lernen, wenn die Lernfähigkeit und der Lernwille erhalten bleiben. Beides sind Voraussetzungen dafür, lebenslang zu lernen. Das gängige Vorurteil, dass beides mit zunehmendem Alter abnehme, hält empirisch nicht. Die kognitiven Fähigkeiten sind in der Lebensspanne bis 70 nur minimal eingeschränkt. Informationen werden mit zunehmendem Alter zwar langsamer verarbeitet. Untersuchungen haben aber gezeigt, dass es in der Regel dabei um Sekundenbruchteile geht.

Auch Guido Hertel, Organisations- und Wirtschaftspsychologe an der Universität Münster, hat in diesem Bereich geforscht mit dem Ergebnis, dass das Fachwissen, als Voraussetzung von Lernen, Kreativität und innovativem Handeln, sogar zunehme. Personalverantwortlichen empfiehlt er, die eigenen Altersstereotype mit der Realität im Unternehmen zu vergleichen, um nicht wertvolle Potenziale Älterer zu verschwenden. Dafür sei es sinnvoll, altersdifferenzierte Lern- und Übungsangebote zu entwickeln und anzubieten. "Solange eine ausreichende zeitliche Perspektive für die Anwendung des Gelernten gegeben ist, lassen sich auch ältere Berufstätige für Neues begeistern", so Hertel.

Tatsache ist auch, dass wer sich regelmäßig weiterbildet, auch im Alter lernfähiger bleibt. Das erkennen auch zunehmend heimische Hochschulen und bieten gezielt Bildungsprogramme für ältere Studierende an. So gibt es etwa an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt seit dem Wintersemester 2007/08 das Seniorstudium Liberale. Und auch an der IMC FH Krems wird ab Herbst erstmals ein spezielles Kursangebot für ältere Studierende angeboten. Unter dem Namen Senioren-Uni können in vier Semestern Kompetenzen in den Bereichen Wirtschaft, Gesundheit und Life-Science erweitert werden. Durch ein Buddy-System sollen vorerst 30 Senioren eng mit den Studierenden der IMC zusammenarbeiten.

Im Gegensatz zu anderen Hochschulen, an denen ältere Studierende ebenfalls willkommen sind, wenn sie die erforderlichen Zulassungsbestimmungen erfüllen, sind für beide Studienprogramme keine besonderen Voraussetzungen erforderlich. Im Vergleich mit anderen europäischen Ländern sei Österreich mit dem Angebot für Studierenden im sogenannten dritten Lebensalter aber weit zurück, sagt Paul Kellermann, Leiter des Seniorstudium Liberale an der Uni Klagenfurt.

Um auch nach dem aktiven Berufsleben geistig fit zu bleiben, bietet das Institut für Seniorenbildung des Salzburger Bildungswerks ein spezielles Programm für Leute ab 60 Jahren an. Unter "Selbstbestimmt und kreativ", so der Name des Programms, werden Gedächtnistrainings, Bewegungsübungen sowie Auseinandersetzungen zu aktuellen Themen des Alltags angeboten. Ziel ist es, Lebensfreude sowie körperliche und seelische Gesundheit möglichst lang zu erhalten. (Gudrun Ostermann, STANDARD, 8./9.9.2012)