Wien - Eigentlich hat das Innenministerium den kommenden Freitag als großen Festtag geplant: In der Hofburg wird mit der Angelobung der neun neuen Landespolizeidirektoren und deren Stellvertreter einer der wichtigsten Schritte der Polizeireform vollzogen. Doch ausgerechnet das Wiener Team, wo alles beim Alten bleibt, weil aufgrund der Behördenstruktur keine Neuausschreibung notwendig war, könnte für einen verpatzten Neustart sorgen. Grund sind neue Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Folterfall Bakary J., die das Wiener Stadtmagazin Falter erhebt.

Die Vorwürfe stammen aus der Zeit vor den mittlerweile ausgesprochenen (und beeinspruchten) Entlassungen der Beamten, die 2006 den Schubhäftling Bakary J. in einer Lagerhalle schwer misshandelt und ihn mit Exekution bedroht hatten. 2010, als die drei Wega-Beamten bereits verurteilt waren, soll laut Falter eine Amtsrätin der Polizei in einem Fall die Frühpensionierung gewissermaßen durchgedrückt haben - mit dem Segen von Polizeipräsident Gerhard Pürstl und entgegen einer Empfehlung der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA), die statt Pensionierung (wegen Burnouts) Innendienst forderte. Der Falter deutet außerdem an, dass die für Pensionsanträge zuständige Amtsrätin und der frühzupensionierende Beamte ein Verhältnis gehabt haben sollen, was aber beide zurückweisen.

Antrag auf Frühpensionierung

In der Wiener Polizeidirektion hieß es am Dienstag auf Anfrage des STANDARD, dass die Amtsrätin eine rein administrative Tätigkeit ausübe und selbst gar nichts entscheiden könne. Im konkreten Fall sei der BVA-Empfehlung mit einer Arbeitsplatzzuweisungsprüfung entsprochen worden. Ergebnis: Kein Platz. Ergo: Antrag auf Frühpensionierung.

Dass der Beamte zu diesem Zeitpunkt in einem privaten Selbstverteidigungsverein noch munter Kurse gab und nicht frühpensionsbedürftig wirkte, habe man nicht wissen können, heißt es bei der Wiener Polizei. Nebenbeschäftigungen, für die es lediglich Aufwandsentschädigung gebe, seien nicht meldepflichtig. Im Übrigen habe das Präsidium immer betont, dass für Folterbeamte kein Platz sei, heißt es weiter.

Ob in der Pensi-Causa nur die Optik schlecht ist oder ob möglicherweise doch Amtsmissbrauch vorliegt, prüft jedenfalls jetzt das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung (BAK). Die Justiz hat Ermittlungen eingeleitet.

Ein weiterer Vorwurf betrifft Pürstls Stellvertreter Karl Mahrer. Er soll ausgerechnet den vierten Wega-Beamten, der damals die Lagerhalle aufgesperrt hatte, später wegen Unterlassung verurteilt wurde und im Dienst bleiben durfte, für einen Führungskräftelehrgang vorgeschlagen haben - ihn also praktisch befördert haben. Doch als die Sicherheitsakademie von seiner Vergangenheit erfuhr, pfiff das Innenministerium den Beamten und seinen Fürsprecher Mahrer zurück. Damals sei es um die prinzipielle Frage gegangen, ob es sinnvoll sei, dem Beamten auf ewig einen Aufstieg im Innendienst zu verweigern, so ein Polizeisprecher. Eindeutige Antwort aus dem Ministerium: Ja. (Michael Simoner, DER STANDARD, 29.8.2012)