Peking - Sie nennt sich Todesstrafe, ist in der Regel aber keine: Verurteilte, die wie die Politikerfrau Gu Kailai in China eine Todesstrafe auf Bewährung erhalten, können nach einem zweijährigen Vollzugsaufschub mit einer Umwandlung der Strafe in eine lebenslange Haft oder eine Gefängnisstrafe von bis zu 25 Jahren rechnen.

Nach Angaben der amerikanischen Dui-Hua-Stiftung kamen im Jahr 1995 geschätzte 99,9 Prozent der zu dieser Form der Todesstrafe verurteilten Häftlinge mit dem Leben davon. Sie zitiert zudem einen Bericht der Zeitung Yanzhao Metropolis Daily von 2006, wonach die zu dieser Strafe Verurteilten nach einer durchschnittlichen Haftzeit von 18 Jahren wieder aus dem Gefängnis entlassen wurden.

Freilassung nach neun Jahren möglich

Nach Angaben der Dui-Hua-Stiftung, die sich für eine Umwandlung von Todesurteilen in China einsetzt, könnte Gu Kailai aus medizinischen Gründen sogar nach einer Mindesthaftzeit von neun Jahren wieder freikommen. Laut Anklage war Gu Kailai wegen chronischer Schlaflosigkeit, Angstzuständen, Depression und Paranoia psychiatrisch behandelt worden.

Trotz dieser Sonderform des Todesurteils werden in China laut Menschenrechtsorganisationen noch immer so viele Menschen hingerichtet wie in allen anderen Ländern zusammen. Aufgrund der hohen Dunkelziffer gibt Amnesty International für China keine exakten Zahlen mehr heraus. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation gehen Experten davon aus, dass in China im Jahr 2007 rund 6.000 Menschen hingerichtet worden sind.

Große Diskussion um die Todesstrafe mit zweijährigem Vollzugsaufschub hat es zuletzt in der Provinz Yunnan gegeben. Dort nahm die Polizei im Mai einen mutmaßlichen Serienmörder fest, der in den vergangenen Jahren mindestens elf Menschen zerstückelt und an seine Hunde verfüttert hatte. Im Zuge der Ermittlungen stellte sich heraus, dass der Festgenommene 1979 eine Todesstrafe auf Bewährung erhalten hatte und nach einigen Strafermäßigungen 1997 aus der Haft entlassen worden war. (APA, 20.8.2012)