Tierärztin Katja Graf rückt seit 1996 bei Film, Fernsehen und am Theater Tiere in das rechte Licht und sorgt für ihr Wohlergehen.

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Katja Graf bezeichnet sich manchmal humorvoll als "professionelle Wurstwerferin". Diese Bezeichnung entstand, als sie eine Hundemeute durch eine am Boden liegende Gruppe von Menschen schleusen sollte. Die Tierärztin arbeitet an Film- und Fernsehsets oder am Theater mit, sobald Tiere mitwirken. Zu ihrem ungewöhnlichen Berufsalltag kann auch gehören, dass sie Leberstreichwurst in Ohren von Schauspielern schmieren muss, um die Aufmerksamkeit eines Hundes dahin zu lenken. Doch mit Futter allein lässt sich ihre Arbeit nicht bewerkstelligen. Die Wünsche des Regisseurs, die Anforderungen des Drehbuches und die Fähigkeiten, die das Tier hat, müssen unter einen Hut gebracht werden.

Es ist ein Beruf, zu dem man wohl nur durch Zufall kommt oder ihn sich selbst erschafft, wie das Graf in Österreich gelungen ist. Nach der Schule und zwei Jahren Auslandsaufenthalt inskribierte sie Veterinärmedizin. Die Notlage eines Freundes brachte die angehende Tierärztin jedoch bereits am Beginn ihres Studiums zu ihrem ersten Auftrag: Er brauchte für Dreharbeiten dringend einen Hund. Ihr eigener Hund "Nico", ein schwarzer Rottweiler-Labrador-Mischling, wurde so zum Filmstar.

Später wurden Pferde, Ratten und sogar eine Kuh gebraucht: Graf konnte durch ihr Studium und ihr privates Interesse immer alle gewünschten und geeigneten Tiere finden. Danach stieg die Nachfrage nach ihren Diensten am Set stetig: Seit 1996 ist sie daher für Film- und Fernsehproduktionen und beim Theater sehr gefragt - auch international. 2003 gründete sie die Firma "filmtiere". Ihre Arbeit beginnt lange vor dem ersten Klappenschlag und ist nach dem "Danke aus" auch noch nicht beendet.

Kinostar aus dem Hamsterstall

Ein Highlight in ihrer Karriere sei gewesen, als sie eines Tages der Assistent von Roman Polanski aus Paris anrief. Sie solle Hamster für den Film "Carnage" (deutscher Titel: "Gott des Gemetzels") punktgenau zum Laufen bringen. Das Resultat ist in der Schlussszene des Films zu sehen. Der pelzige Kinostar "Rasmus" - benannt nach dem Hauptdarsteller eines Theaterstücks - lebt übrigens noch mit vielen weiteren vierbeinigen Kollegen bei der Tierärztin und ihren drei Kindern.

Die Arbeit am Set war für Katja Graf nichts Neues: Als Kind stand sie für zahlreiche Film- und Fernsehproduktionen als Darstellerin vor der Kamera. Die Erfahrung vor der Kamera ist ihr auch heute hinter der Kamera noch sehr nützlich. Mit dem Studium der Veterinärmedizin verwirklichte sie ihren Kindheitstraum - viele Jahre übte sie diesen Beruf auch aus. Mittlerweile bleibt ihr aber für beide Tätigkeiten nicht mehr genügend Zeit: "Tierarzt kann man nur zu hundert Prozent sein. Aber in meinem heutigen Beruf kann ich vieles vereinen."

Strenge Auflagen, regelmäßige Kontrollen

Die Verbindung mit ihrer tierärztlichen Ausbildung sei ein wichtiges Gütesiegel, ist sie überzeugt: "Ich glaube zu wissen, was jedem Tier zugemutet werden kann. Eigentlich ist vor allem die Auswahl des passenden Tieres die große Herausforderung, für die man ein Gespür entwickeln muss." Der Einsatz von Tieren am Set ist durch das Tierschutzgesetz in Verbindung mit der Veranstaltungsverordnung geregelt. Für Wien gilt: Vier Wochen vor Drehbeginn muss bei dem Veterinäramt MA 60 eine Bewilligung eingeholt werden, dafür müssen alle Tiere und Anforderungen am Set genau angeführt werden.

Die Bewilligung wird - wenn tierschutzrechtlich in Ordnung - mit strengen Auflagen erteilt. Am Set und auf der Bühne gibt es regelmäßige, unangemeldete Kontrollen, wie der zuständige Amtstierarzt der MA 60 berichtet. Es werde zum Beispiel überprüft, wie die Tiere untergebracht sind, welche Aufgaben sie erfüllen müssen und ob es sich um artgerechte Bewegungen handelt. "Und die Person muss befähigt sein und sich mit den Tieren auskennen", erklärt der Mitarbeiter.

Positive Atmosphäre am Set ist Grundlage

Seit dem neuen Tierschutzgesetz von 2004 dürfen zudem keine Wildtiere mehr eingesetzt werden. "Denn diese Tiere kann man nicht artgerecht unterbringen", erläutert das Veterinäramt. Manchmal werden auch Zeitbefristungen gesetzt. Gerade Katzen sind etwa sehr empfindlich und brauchen regelmäßig Rückzug. "Dieses Gesetz und die Bewilligungen sind nicht als Erschwernis zu verstehen. Im Gegenteil: Nur ein Tier, das sich am Set wohl fühlt, kann eine gute Szene bringen", sagt Graf.

Das wichtigste am Set sind sowieso eine entspannte Umgebung und eine positive Atmosphäre. Um in der Ausnahmesituation eine natürliche Situation zwischen Schauspieler und Tier herzustellen, versucht Graf schon im Vorfeld eine Vertrautheit zu schaffen. Das ist für ein gutes Ergebnis oft wichtiger als Tricks. "Am schwierigsten ist es, wenn die Regisseure verlangen, dass ein Hund 'gar nichts können muss'", berichtet sie und schmunzelt. Denn die höchste Kunst sei es, die Illusion zu erzeugen, der Hund sei ein Familienmitglied. (jus, derStandard.at, 1.8.2012)