Wien - Wie viel ein plötzlicher Zahlungsausfall/Euro-Austritt Griechenlands die EU kosten würde, darüber kursierten in den vergangenen Tagen Schätzungen zwischen 280 (Citibank) und 400 Mrd. Euro (JP Morgan). Für das österreichische Budget dürften jedenfalls kurzfristig Haftungen in Höhe von bis zu 3,1 Mrd. Euro schlagend werden. Sollte die Republik der Nationalbank frisches Geld zuführen müssen, drohen weitere Milliardenausgaben. Zahlen wollten am Montag weder das Finanzministerium noch der neue IHS-Chef Christian Keuschnigg nennen.

"Quantifizieren kann ich das noch nicht", erklärte Keuschnigg, der Professor für öffentliche Finanzen ist. "Österreich hat sich aber bei allen europäischen Aktionen beteiligt."

Vielfältig vernetzt

Zusätzlich zu den knapp 1,6 Mrd. Euro an bilateralen Krediten, die die Alpenrepublik bisher gewährt hat, haftet Österreich für 2,99 Prozent der Ausgaben des provisorischen Rettungsschirms EFSF. Wie bekannt haben SPÖ, ÖVP und Grüne am 29. September 2011 im Nationalrat für den Euro-Rettungsschirm eine Staatshaftung von bis zu 21,6 Mrd. Euro abgegeben.

Weil der EFSF in den vergangenen acht Wochen schon 103,7 Mrd. Euro Griechenlandhilfen ausgegeben hat, würden auf Österreich beim "Grexit" (Griechenland-Exit) 3,11 Mrd. Euro an Haftungen entfallen. Zum Vergleich: Bilaterale Kredite und und möglicherweise fällig werdende Haftungen würden dem Doppelten der Lohn- und Einkommenssteuerentlastung bei der letzten Steuerreform 2009 entsprechen (2,3 Mrd. Euro).

Bereits ausgegeben ist auch die Milliarde, die Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) der staatlichen KA Finanz zuschießen musste, damit diese die Verluste aus ihren Griechenland-Papieren tragen kann.

Haften für EZB

Einen wahrscheinlich dreistelligen Milliardenbetrag müsste die Europäische Zentralbank, an der die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) mit 1,94 Prozent beteiligt ist, abschreiben. Laut Nachrichtenagentur Reuters hat die EZB in den vergangenen zwei Jahren um etwa 50 Mrd. Euro (Nominale) Hellas-Anleihen angekauft. Dazu kommen weitere 103,7 Mrd. Euro, die die griechische Zentralbank der EZB im Rahmen des Clearingsystems "Target 2" schuldet und die im Fall eines Euro-Austritts notleidend würden (der Betrag ist zufällig gleich hoch wie die bisher vom EFSF ausgezahlte Summe).

Problematische Pfandrechte in Höhe von 35 Mrd. Euro hat die EZB zwischenzeitlich in den EFSF abgeschoben. Dem Vernehmen nach sollen diese aber an die Zentralbank zurückwandern. Deswegen ist unklar, ob die unsicheren Sicherheiten dem EFSF oder der EZB zuzurechnen sind. Wie viele Griechenland-Kredite in welcher Qualität noch in der Zentralbank lagern, ist in der Öffentlichkeit unbekannt. Sollten die Target 2-Verbindlichkeiten und das Anleihenprogramm SMP voll ausfallen, sind rund 150 Mrd. Euro an EZB-Aktiva betroffen. Rein rechnerisch müsste die OeNB in einem solchen Fall etwa 3 Mrd. Euro nach Frankfurt zahlen, um den Status quo beim Eigenkapital zu aufrechterhalten. Das ergibt eine Überschlagsrechnung.

Geld rein, Geld raus

Um ein solches Szenario zu verhindern, wird gerade fieberhaft nach Möglichkeiten gesucht, nach einem Euro-Ausscheiden weiter EFSF-Milliarden nach Griechenland rollen zu lassen - mit dem Ziel, die Griechen in die Lage zu versetzen, ihre Kredite bei den EU-Ländern und der EZB zu bedienen, berichtet die deutsche Tageszeitung "Die Welt" (Montagausgabe).

Schon jetzt werden die sogenannten Griechenlandhilfen fast ausschließlich zur Bedienung der griechischen Staatsschulden verwendet: So überwies der EFSF am vergangenen Donnerstag 4,2 Mrd. Euro nach Athen, um sicherzustellen, dass die Griechen am kommenden Freitag eine fällig werdende 3 Milliarden-Anleihe an die EZB zurückzahlen können. (APA, 14.5.2012)