Geplant war, dass hier etwas übers Lamm steht. Kollege R. war so nett, mir von seinem oberösterreichischen Lammzüchter etwas mitzubestellen. Ich habe um Bauch und Stelzen gebeten, was ich außer dem Bauch bekommen habe, weiß ich nicht so genau – im Nachhinein tippe ich auf ausgelöste Keule. Geschmeckt hat's trotzdem toll, weil sich aber der Herr Corti kommende Woche des Lamms annehmen wird, gibt's heute hier Karnickel.

Karnickelkochen ist der Sautanz des kleinen Mannes. Es bietet dem städtischen Hobbykoch die seltene Gelegenheit, ein Säugetier (fast) in seiner Gesamtheit zu verarbeiten. Es ist das vielleicht kleinste Tier, das vielfältig genug ist, um in einem mehrgängigen Menü für zwei Leute verputzt zu werden, ohne zu langweilen.

Dass es hierzulande selten gegessen wird, hat den Vorteil, dass es kaum industrielle Haltung über sich ergehen lassen muss. Dafür ist es aber auch nicht immer leicht zu kriegen. Reden Sie mit dem Fleischer oder Bauern Ihres Vertrauens.

Das einzige Problem am Karnickel ist, dass es für zwei etwas viel und für drei schlecht aufzuteilen ist, weil es nur zwei Hinterläufe hat. Das umgeht man, indem man entweder Hunger hat, die zwei Keulen einfach drittelt, einen Vorderlauf mitisst oder das Tier doch auf zwei Tage zu zweit verspeist.

Foto: Tobias Müller

Um das Karnickel zu zerlegen, werden erst die Innereien entfernt, dann der Kopf abgetrennt und das Tier anschließend in drei Teile geteilt: Vorderläufe, Sattel und Hinterläufe. Vorder- und Hinterläufe werden erneut entlang der Wirbelsäule zweigeteilt.

Foto: Tobias Müller

Am besten geht das mit einem schweren Beil, ein großes Küchenmesser tut aber auch seinen Dienst. Nicht nett für die Klinge, aber meine gehört sowieso wieder geschliffen, und bei den dünnen Knochen noch vertretbar.

Weil das Karnickel fleischlich dem Huhn doch ähnlich ist, habe ich es diesmal gepökelt, sobald es zerlegt war und in den Topf gepasst hat. Das Tier war saftig, von der Würze her würde ich aber das nächste Mal anders vorgehen und sicher auf Zitronen verzichten. Nach dem Pökeln haben sich die Wege der einzelnen Teile getrennt, um ihnen je nach Beschaffenheit eine eigene Behandlung angedeihen zu lassen. Der zarte Sattel verdient etwas anderes als der Vorderlauf. Nicht gegessen habe ich das Gehirn, weil ich im passenden Moment nicht ans Kopfknacken gedacht habe. Tipps, irgendwer?

Im Überblick: Die Vorder- und Hinterläufe sowie die Innereien bis auf die Leber habe ich konfiert, den Sattel ausgelöst und in Speck gewickelt gebraten, aus Kopf und Knochen habe ich einen Fond fürs Beilagen-Gemüse gekocht. Das Fleisch der Vorderläufe, des Kopfs und der Reste am ausgelösten Sattel wandert ins Rillettes.

Foto: Tobias Müller

Es reicht aus, am Tag vor dem Essen zu beginnen, wer's etwas stressfreier will, fängt zwei Tage vorher an. Vom Arbeitsablauf gliedert sich das so: Die einzelnen Karnickelteile sechs bis acht Stunden pökeln. Danach Vorderläufe und Keulen in Gänsefett bei 90 Grad sechs Stunden konfieren und zumindest über Nacht im Fett stehen lassen.

Wer kein Gänsefett hat, kann auch Oliven- oder Erdnussöl nehmen. Am Tag des Essens den Kopf und den ausgelösten Sattel mit einer kleinen Zwiebel, einer kleinen Karotte, etwas Sellerie und den üblichen Gewürzen mit Wasser bedecken und zwei Stunden simmern lassen und durch ein Sieb gießen. So viel zur Vorbereitung. Dann folgen die einzelnen Gänge.

Amuse-Gueule: Kaninchen-Rillettes mit Feigen-Mandel-Marmelade

Das Fleisch von einem Voderlauf, dem ausgekochten Kopf und dem ausgelösten Sattel lösen und die Innereien außer der Leber in der Küchenmaschine klein häckseln. Wenn drei Leute mitessen sollen, einen Vorderlauf für den Hauptgang des kleinsten Essers reservieren. Das gehäckselte Fleisch mit zwei Esslöffeln Dijonsenf, Salz und reichlich Pfeffer mischen und mit einem Löffel nach und nach das Fett einarbeiten.

Wer mit Gänsefett konfiert hat, nimmt dieses, wer Öl genommen hat, greift zu Schweineschmalz. Für zwei Vorderläufe braucht es etwa 70 Gramm Fett. Das Ergebnis soll cremig sein, nicht fettig, deswegen am besten etwas von dem geschredderten Fleisch zurückbehalten und bei Bedarf wieder dazumischen. Mit frischem Baguette und nach Wunsch und Verfügbarkeit Marmelade servieren.

Foto: Tobias Müller

Bereits ein Lauf bringt mehr Rillettes, als zwei Leute als Aumuse-Geule essen können. Was übrig bleibt, einfach über die nächsten Tage essen oder in kleine Gläser füllen, mit Konfitfett versiegeln und aufheben.

Den zweiten Lauf aufheben und noch einige Wochen im Schmalz reifen lassen. Wer auf diesen Gang vorerst verzichtet, kann das ganze Fleisch auch erst einige Wochen ruhen lassen, bevor es weiterverarbeitet wird. Probiert habe ich das Reifen bisher nur im Gänsefett, für Ergebnisse im Öl kann ich daher nicht garantieren.

Gebratener Sattel, gebratene Leber, Nieren, Fenchelpüree, Pilze

An dem ausgelösten Rücken hängen noch die Bauchlappen daran.

Foto: Tobias Müller

Diese um den dicken Muskelstrang wickeln, die ausgelösten Sattelteile gut salzen und pfeffern und in Speck oder Lardo wickeln. In der Pfanne kurz bei mittleren Temperaturen rundum knusprig werden lassen und im Rohr etwa zehn Minuten fertig garen.

Foto: Tobias Müller

Der Fenchel ist zugegeben eine etwas winterliche Beilage, was daran liegt, dass ich das hier bereits vor einigen Wochen gekocht habe. Allerdings hat sich bisher am Gemüsemarkt noch nicht allzu viel getan, und Fenchel schmeckt immer großartig.

Foto: Tobias Müller

Eine Fenchelknolle in Stücke schneiden, das Grün aufhebend und in kaltes Wasser legen. In etwa 50 Gramm Butter 45 Minuten weich dünsten, passieren und durch ein feines Sieb streichen.

Beim Anrichten mit dem Grün garnieren. Die Schwammerln in heiße Butter werfen und, sobald sie das Fett aufgesogen haben, mit einigen Löffeln vom Karnickelfond aufgießen. Etwa 15 Minuten garen.

Die Leber würzen, in Mehl wenden und in Butter kurz braten. Pro Teller zwei Stück von der Sattelrolle und ein Stück Leber auf dem Püree anrichten und mit Fenchelgrün garnieren.

Konfierte Karnickelkeule, Kohlsprossen

Foto: Tobias Müller

Ja, die Kohlsprossen. Einerseits war's wie gesagt noch kälter, als das hier entstanden ist, andererseits sind sie aufgrund ihrer Affinität zum Dijonsenf, die sie mit dem Karnickel teilen, eine sehr geeignete Beilage.

Ich habe sie in Salzwasser blanchiert und sie dann in einer Pfanne mit Schalotten, Creme fraiche, Dijon und dem restlichen Karnickelfond fertig gegart.

Die konfierten Keulen aus dem Fett nehmen und abtropfen lassen.

Foto: Tobias Müller

In einer heißen Pfanne anbraten und im Backrohr durchwärmen. Am Boden des Konfiertopfes sammelt sich, so wie immer beim Konfieren, ein Gelee aus den Säften des Fleisches.

Foto: Tobias Müller

Das Fett abgießen, das Gelee aber behalten. Erwärmen und einkochen, bis es an der Rückseite eines Löffels haftet. Es schmeckt dann sehr intensiv und salzig, eignet sich aber hervorragend, um damit die Keulen zu bestreichen. Die Keulen auf den Kohlsprossen servieren.

Foto: Tobias Müller

(Tobias Müller, derStandard.at, 1.4.2012)