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Dei Rentabilitätsschwelle in Sachen Diesel könnte sich noch weiter nach oben verschieben.

Foto: AP/Lein

Wien - Diesel ist an der Tankstelle teurer als Eurosuper. Diese Entwicklung ist mittlerweile schon seit einigen Wochen zu beobachten. Vor drei Jahren konnten die Verbraucher denselben Trend an den Zapfsäulen konstatieren.

Ein Teil der Erklärung: Die MöSt-Erhöhung vor einem Jahr ließ den Dieselpreis stärker steigen. Laut Fachverband der Mineralölindustrie ist Diesel auf den Fertigproduktmärkten schon länger teurer als Benzin, heißt es im aktuellen ÖAMTC-Magazin "Auto Touring". Nach Einschätzung des ÖAMTC-Experten Martin Grasslober ist der Unterschied aber "erst seit November so groß, dass er den Steuervorteil bei Diesel dahinschmelzen ließ."

Der Fachverband der Mineralölindustrie führt außerdem das geänderte Verhältnis Euro/Dollar ins Treffen. Ein Argument, dass man beim ÖAMTC nicht nachvollziehen kann "weil dann ja auch Benzin viel teurer geworden wäre."

Dieselknappheit und Steuergeschenke

Der deutsche Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer geht hingegen davon aus, dass der Trend zum stärker steigenden Dieselpreis auch in den kommenden fünf Jahren anhält. Die Ursache sieht Dudenhöffer in einer neuen Dieselknappheit, ausgelöst durch mehrere Faktoren. Einer davon: "Der künstlich über Steuergeschenke ausgelöste Dieselboom." Auch die auf Umweltvorschriften beruhende, verstärkte Nachfrage nach leichtem Diesel für die Schifffahrt im Ostseeraum und der wachsende Transportsektor in Asien dürften kräftig mitwirken. Nicht zuletzt würden aber die Mineralölunternehmen nicht in den Ausbau von Raffinerien mit höherem Dieselanteil investieren. Die Preisschere zwischen Diesel und Benzin werde also weiter wachsen, ist Dudenhöffer überzeugt.

Steuervorteile für den Diesel

Mittlerweile kommen 47 Prozent aller neuen Pkw in Deutschland als Diesel auf die Straße. Im Jahre 2000 betrug der Anteil noch 30 und 1990 nur elf Prozent. In ähnliche Richtung hat sich der Pkw-Diesel auch in West-Europa entwickelt. In der Schweiz werden 30 Prozent der Neuwagen als Diesel geordert, in Österreich 51 und Belgien 76 Prozent.

Der Grund liegt für Dudenhöffer auf der Hand: "Diesel wird durch willkürliche Steuervorteile gepushed. Benzin und Dieselkraftstoff wird in der Schweiz gleich besteuert, während in Deutschland, Österreich und Belgien mit hohen Steuervorteilen aufgehübscht wird". Diesel wird laut dem Autoexperten gleich auf drei Ebenen monetäre Vorteile gegenüber Ottomotoren eingeräumt. Da wäre erstens der unmittelbare Steuervorteil: Mineralölsteuer pro Liter Diesel 0,397 Euro, pro Liter Benzin 0,482 Euro. Zweitens: Dieselkraftstoff genieße aufgrund seiner höheren Energiedichte zusätzliche Steuervorteile. Bei Stromverbrauch im Haushalt zähle bei der Besteuerung die Energieeinheit, beim Kraftstoff messe man nur die Volumeneinheit. Da der Liter Diesel einen höheren Energieinhalt als der Liter Benzin habe, würde man selbst bei gleicher Steuer den Energieverbrauch ungleich besteuern. "Um den Wettbewerb zwischen den Kraftstoffen fair zu gestalten, müsste daher die Steuer auf den Liter Diesel höher sein als auf den Liter Ottokraftstoff", argumentiert Dudenhöffer.

Schlechtere Abgasbilanz

Der dritte künstliche Vorteil des Diesels rühre aus seiner schlechteren Abgasbilanz. Dieselmotoren emittieren deutlich mehr Stickstoffoxide als Ottomotoren. Bei der heute gültigen Abgasnorm Euro 5 ist der Stickoxid-Ausstoß beim Diesel auf 180 mg/km und beim Ottomotor auf 60 mg/km limitiert. Die Bevorzugung des Diesels bei Stickoxiden werde auch bei der im Jahr 2014 gültigen Euro 6 Norm weiterbestehen. Der Kraftstoff hat also größere "Nebenwirkungen" als Benzin und müsste dafür eigentlich "bestraft" werden, konstatiert Dudenhöffer. Der Dieselmotor müsste folglich entweder die gleichen Abgaswerte wie der Ottomotor erfüllen oder durch höhere Steuern auf das Ottomotoren-Niveau gehoben werden.

Diesel bleibt noch rentabel

Für den heimischen Autofahrerclub ÖAMTC ist es indes durchaus möglich, dass sich die Rentabilitätsschwelle in Sachen Diesel weiter nach oben verschiebt. Die Rechnung - je größer das Auto und je mehr Kilometer im Jahr, desto eher wird der Diesel im Vorteil sein - gehe allerdings derzeit immer noch auf. In der Kompaktklasse steht der Vorteil auf der Kippe, rechnet ÖAMTC-Mann Thomas Stix derStandard.at vor. Wer im Jahr durchschnittlich rund 12.000 Kilometer fährt (bei einer Haltedauer von rund fünf Jahren) lukriere gerade noch einen Vorteil von ein paar Euro pro Monat. Wer ein größeres Auto fährt, fahre mit dem Diesel tatsächlich günstiger. In der Kleinwagenklasse rechne sich ein Diesel meist aufgrund des vergleichsweise hohen Aufpreises bei weniger gefahrenen Kilometern nicht.  (rb, derStandard.at, 2.1.2011)