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Katzen als Krankheitsüberträger: Über ihren Kot werden die Eier des Toxoplasmose-Erregers übertragen. Sie überleben in feuchter Erde oder Sand 18 Monate.

Foto: APA/Focke Strangmann

Schwangere sollen Katzen meiden, lautete Großmutters guter Rat, das Kind könnte sonst krank werden. Gemeint waren nicht schwarze Katzen, die den Weg der werdenden Mutter queren, sondern Miezen ganz allgemein. Hintergrund von Omas Sorge: Tiere können Krankheiten übertragen. Unter Generalverdacht steht die Hauskatze, seit der britische Biologe William M. Hutchison in den 1960er-Jahren die Übertragung des Toxoplasmose-Erregers Toxoplasma gondii durch Katzen nachwies.

Toxoplasmose gehört zu den häufigsten parasitären Erkrankungen weltweit. In der Regel verläuft die Infektion ohne Symptome, manchmal äußert sie sich in grippeartigen Zuständen. Wer mit dem Erreger in Kontakt kommt, entwickelt lebenslange Immunität. Gefährlich kann der Einzeller Menschen mit geschwächtem Immunsystem und ungeborenen Kindern werden. Kommt es zu einer Erstinfektion der Frau während der Schwangerschaft, sind in frühen Phasen Fehlgeburten möglich, in späteren Schwangerschaftsphasen besteht die Gefahr schwerer Augen- oder Hirnerkrankungen des Kindes.

Hauptinfektionsquelle in Österreich sei aber nicht die Katze, beruhigt Andrea-Romana Prusa, Oberärztin an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde in Wien (Toxoplasmose- labor und Nachsorgeambulanz). Das Haustier müsse während der Schwangerschaft nicht ausquartiert werden. Allerdings sollten werdende Mütter das Katzenkisterl nicht selbst oder nur mit Handschuhen reinigen, weil sich bei zwei Prozent der Katzen Parasiteneier (Oozysten) im Kot befinden. Die Oozysten sind langlebig, in feuchter Erde oder im Sand überleben sie bis zu 18 Monate. Zur Vermehrung brauchen Toxoplasmen einen Wirt, der Mensch eignet sich dazu bestens.

Wesentlich häufiger als durch Katzen wird der Toxoplasmose-Erreger durch Nahrungsmittel übertragen. Rohes, schlampig oder gar nicht gewaschenes Gemüse und Obst sind ebenso häufige Infektionsquellen wie rohes oder schlecht durchgebratenes Fleisch. Einer Infektion beugt man am besten durch Sorgfalt bei der Essenszubereitung, Lebensmittellagerung und penibler Handhygiene vor. 70 Grad Hitze oder minus 20 Grad Abkühlung tötet Toxoplasmen.

Screening obligatorisch

Seit Bestehen des Mutter-Kind-Passes werden Schwangere auf Toxoplasmose-Antikörper getestet. Fällig ist die Untersuchung laut Muki-Pass bis zur 16. Schwangerschaftswoche. Die erste Blutuntersuchung sollte aber vor Beginn der neunten Schwangerschaftswoche erfolgen, sagt Andrea-Romana Prusa. Ist eine Frau nicht gegen Toxoplasmose immun, sollte im Acht-Wochen-Rhythmus nachkontrolliert werden, um früh genug eine Erstinfektion zu erkennen und mit Antibiotikatherapien beginnen zu können. "Leider wird diese Empfehlung nicht von allen Ärzten eingehalten", bedauert Prusa.

In Österreich kommt es jährlich zu 70 bis 90 Erstinfektionen in der Schwangerschaft. Die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung auf das Kind steigt mit dem Schwangerschaftsstadium. Gegen Ende liegt sie, sagt Prusa, bei 70 Prozent. Infizierte Kinder - pro Jahr kommen bis zu 15 zur Welt -, sind bei der Geburt unauffällig. Wird das Kind im ersten Lebensjahr nicht behandelt, können sich Spätfolgen wie Augenhintergrundentzündungen entwickeln, auch noch nach Jahren.

Während in Österreich flächendeckende Toxoplasmose-Untersuchungen seit 1974 obligatorisch sind und auch Frankreich Screenings vorschreibt, wird in Deutschland nur bei begründetem Verdacht auf eine Infektion untersucht. Keine Notwendigkeit zu Screenings sieht man auch in der Schweiz.

Das Schweizer Bundesamt für Gesundheit ließ 2009 eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe aus Gynäkologen, Infektiologen und Pädiatern Empfehlungen zum Umgang mit der Toxoplasmosegefahr in der Schwangerschaft erarbeiten. Quintessenz der Ärzte: Prävention durch Hygiene ist sinnvoller als Therapie. Peter Helbling vom Bundesamt für Gesundheit: "Die Angst, die man durch Screenings verursacht, steht in keinem Verhältnis zum Gewinn, den man allenfalls hätte." Die Häufigkeit der Infektionen sei in der Schweiz, seit man auf Screenings verzichte, nicht gestiegen. 2010 verzeichnete man mit zwei Fällen gleich viele wie in den Jahren zuvor.

Diskrepanz unter Forschern

Die Schweizer kritisieren die hohe Fehlerhäufigkeit der Tests zum Nachweis von Frischinfektionen und raten auch von einer Therapie während der Schwangerschaft ab. Ihre Begründung: Medikamente könnten weder die Übertragung noch Symptome beim Kind verhindern. Aus Wien kommt Widerspruch, Andrea-Romana Prusa: "Die Tests zu Beginn der Schwangerschaft sind sicher. Was die Therapie betrifft, beruft man sich in der Schweiz auf uralte Studien. Das österreichische Therapieschema hat einen Einfluss auf die Übertragung, und Studien zeigen auch den Einfluss auf die klinische Ausprägung bei Kindern mit angeborener Erkrankung." (Jutta Berger, DER STANDARD Printausgabe, 05.12.2011)